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Gleich zu Beginn unseres Aufenthalts wurden wir in die Innere Mongolei eingeladen. Flug und Hotel waren bereits gebucht, es fehlte also nur noch unsere Zusage, dass wir da auch wirklich hin möchten… Ok - wir sind ja nicht so. Also ging es am Montag um 10 Uhr los. Wenn wir auf eigene Faust reisen, beginnt unser Tripp mit einem Fußmarsch zur 1,2 km entfernten Metrostation oder manchmal auch zur etwas näher gelegenen Bushaltestelle. Wenn wir mit Prof. Rui unterwegs sind, holt uns ein Chauffeur direkt vor der Wohnung ab, hat auch was. Diesmal begleiten uns Ling und Xue (Ehefrau und Sohn des Professors), die selbst auch noch nie in Baotou waren. Wir sind also alle 4 gleichermaßen neugierig. Prof. Rui ist bereits in Peking, reist von dort aus direkt an. Sein Institut hat eine Teststrecke in der mongolischen Steppe.
Innere Mongolei - Mongolei? Die mongolische Steppe umfasste ursprünglich das gesamte Gebiet von heute "innerer" und "äußerer" Mongolei. Aber bereits in der chinesischen Qing-Dynastie (ca. 1650 bis 1911) wurde der Nomadenstaat stark von China beeinflusst, indem dort bewusst Han-Chinesen angesiedelt und das mongolische Nomadentum zur Minderheit degradiert wurde. Das gelang in den an China angrenzenden südlichen Gebieten naturgemäß besser als im Norden. Mit zunehmender Schwäche der mongolischen Fürstentümer verstärkte sich der chinesische Einfluss und eine Abspaltung der "inneren" oder auch "südlichen" Mongolei mit Eingliederung nach China fand statt. Dieser Status wurde im 20. Jahrhundert ohne großen Widerstand manifestiert, zumal die Bevölkerungsmehrheit eh schon aus Han-Chinesen bestand. Es gibt bis heute eine eigene mongolische Schriftsprache, die Schrift ist auch allgegenwärtig neben chinesisch. Englische Hinweise sind eine absolute Seltenheit. Wohl dem, der in sprachkundiger Begleitung unterwegs ist. Man erzählt uns, dass die Mongolen an sich nicht besonders am Erhalt ihrer eigenen Kultur interessiert seien und daher nur noch wenige die Landessprache sprechen. Diese werden dann auch besonders gefördert, indem sie überall nach einem kurzen Sprachtest kostenlosen Eintritt erhalten. Von anderer Seite hören wir aber auch, dass die chinesische Regierung es verbietet, dass an den Schulen mongolisch gesprochen oder gar unterrichtet wird. Es ist - wie immer - schwer, die wahre Wahrheit hier in China heraus zu filtern.
Hotel in Baotou Unser Flug ist pünktlich, alles unproblematisch. In Baotou erwartet uns
wiederum ein Chauffeur. Wir fahren quer durch die große Stadt. Laut Wikipedia hat Baotou knapp 3 Mio Einwohner. Da
die Stadt erst in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts so richtig "aus dem Knick" kam, wurden breite Autostraßen und
grüne Inseln inmitten der mongolischen Steppenlandschaft von vornherein großzügig bemessen, man hat ja genug Platz. Besonders bemerkenswert finde ich die Toilette mit beheiztem Sitz und Fernbedienung für allerlei verschiedene "Spülvorgänge".
Nach einer kurzen Ruhephase sind wir zum Abendessen in eine nachgebildete mongolische Jurte eingeladen:
Traditionell sind Mongolen ja viehzüchtende Nomaden, Fleisch und Milch bilden also die Grundlage ihrer Speisekarte. Das kommt meinem lieben Dieter natürlich voll entgegen, wer braucht schon Gemüse? Milchtee als warmes Getränk, leicht gesüßter Joghurt als Kaltgetränk und allerlei verschiedene Zubereitungen von Lamm und Rind sind die ganz traditionellen Bestandteile unseres Abendessens im Kreise der Firmenleitung und Mitarbeitern von Prof. Rui. Natürlich darf auch hier der Alkohol nicht fehlen, ohne geht bei Chinesen einfach nicht. Der angebotene mongolische Hochprozentige ist aber wesentlich genießbarer als das sonst so beliebte Gruselgetränk "Moutai". Die Rituale unterscheiden sich erstmal nicht von dem, was wir schon lange in China kennen: Der
Gastgeber weist jedem einzelnen Gast seinen Sitzplatz zu. Dabei gilt "je dichter am Gastgeber, desto wichtiger", kein
Wunder also, dass der "General Manager" Dieter und Prof. Rui um sich schart. Dann wird ein Gericht nach dem anderen
aufgetragen und der Gastgeber nötigt jeden Gast einzeln zum Probieren - Drücken is nich… Zum Glück sind Dieter und ich
ja erprobte Allesesser, so dass auch gestopfte Gedärme mit Innereien, Algensalat und Qualle süß sauer uns nicht
wirklich aus der Fassung bringen können. Aber die mongolische Speisekarte bietet wirklich Leckereien für uns: Kross
gebackenes Lamm, mit Rindfleisch gefüllte Pfannkuchen, dünn aufgeschnittenes kaltes Rindfleisch und schmackhafte
Knochenbrühe erfreuen unsere Gaumen.
Tibetisches Kloster Am nächsten Tag steht der Besuch eines tibetischen Klosters auf dem
Programm. Eine Ingenieurin der Stahlfirma wird uns als englischsprachige Reiseleiterin zur Seite gestellt. Ein
ehemaliger Student von Rui, den witzigerweise alle Fifi nennen (erinnert mich an einen kleinen Hund), begleitet uns
ebenfalls. Mit Chauffeur machen wir uns also auf die 90-minütige Reise im Minivan Richtung Nordosten: Kloster Wudang
Zhao. Auch hier sind wir zum Mittagessen wieder in einer mongolischen Jurte mit Milchtee (die große Schüssel mit dem Schöpflöffel drin) und allerlei Leckereien eingeladen.
Steppen-Park "Saihantala" in Baotou Am späten Nachmittag besuchen wir in Baotou den riesigen Steppen-Park mitten in der Stadt. Um den Bewohnern von Baotou täglich zu ermöglichen in ihre eigene Steppen-Geschichte einzutauchen, hat man 537 ha unbebaut gelassen, viel Wiese, wenig Wald, wenig Wasserflächen, Natur pur mit Schafherden und Wild. Ok, nicht ganz Natur pur, hier und da mit menschlicher Hilfe "aufgehübscht", z.B. mit diesem riesigen Feld von lila blühenden Heilpflanzen (Lavendel ist es nicht…) Auch dieser sog. Taobao findet sich im Park. Er ist ein häufiger vorhandenes Relikt aus der schamanischen Vergangenheit der Mongolen, bevor der tibetanische Buddhismus sich breit machte. Ein Taobao ist ein wachsender Berg. Für jeden Verstorbenen eines Stammes wurde ein großer Stein hinzugefügt und eingearbeitet. Auf der oberen Ebene soll man den Taobao dreimal im Uhrzeigersinn umrunden, um dem persönlichen Glück auf die Sprünge zu helfen.
Ab in die Wüste... Der Tagesausflug am Mittwoch führt uns in die Wüste. Unsere Info: Wüste
besuchen, Kamel reiten, 2 Stunden Fahrt… Ok, da nehmen wir doch mal die Sonnencreme, Hüte und festes Schuhwerk mit.
Wüste kennen wir bislang nur aus Ägypten: Endlos, steinig, heiß, trocken, einsam - bis auf die nervigen Souvenir-Händler
und die Kameltreiber, die einen unbedingt auf die Rücken ihrer Tiere heben wollen. Nun also die chinesische,
mongolische Wüste… Wir fahren wieder in unserem Minivan, stramm gen Süden, überqueren den großen, gelben Fluss, nach
gut 90 Minuten verlassen wir die Autobahn - nicht ohne dass mir auffällt, dass die Gegenfahrbahn komplett gesperrt ist... Und dann entdecken wir doch tatsächlich WÜSTE! Jenseits eines Tales, welches wir sehr bequem im Sessellift überwinden, wird's sandig. Auf das Vergnügen mit dem Schlitten einen Sand-Abhang hinunter zu rutschen, verzichten wir, als wir erkennen, dass wir die Pistenstrecke im Anschluss zu Fuß wieder hochklettern müssen. Das wäre ja wie Skifahren ohne Lift - nicht mit uns! Wir sind bekennende Couch-Potatoes. Die nächste Etappe unserer Wüstenreise überwinden wir mit einem Zügle, auch sehr lustig. Dort erreichen wir dann den Disney-Teil der Geschichte: Unter einem riesigen Zeltdach reihen sich zig kleine Schnellrestaurants chinesischer und westlicher Art und in der Mitte finden tausende Hungrige ein Sitzplätzchen. Alles ist -wie immer in China- mindestens 10 mal größer als in Europa. Auf einer Bühne präsentieren sich zu ohrenbetäubend lauter chinesischer Popmusik 20 Tänzerinnen in folkloristischen Kostümen. Wir suchen uns jeder ein kleines Mittagessen nach eigenem Geschmack aus und hätten uns ohne die Musik wahrscheinlich auch nett dabei unterhalten… Gut gestärkt geht's dann zum Kamelritt. Ok, ich bin froh, dass die lieben Tierchen soooo schön in die Knie gehen
können, damit wir Touris uns auf ihren Rücken breit machen. In einer langen Reihe führt uns ein "Kameltreiber" ca.
5 Minuten lang kurz um die Ecke und wieder zurück. Aber lustig war's trotzdem! Es war nicht einfach, aber ich habe doch tatsächlich Fotos "mit ohne"
Menschen bekommen! Das erfordert schon eine ganze Menge Geduld... Mit Dieters Hilfe findet der Chauffeur dann auch unseren Van wieder und
wir machen uns auf die Heimfahrt. Erst als Fahrer und Beifahrer voller Überraschung vor der komplett gesperrten
Autobahnauffahrt Richtung Norden stehen, fällt mir meine Beobachtung mit der gesperrten Gegenfahrbahn wieder ein.
Was macht der kluge Chinese? Wenn Straße nach Norden gesperrt, fahren wir halt nach Süden…
In den Bergen der Mongolei Am nächsten Morgen holt uns ein neuer Fahrer am Hotel ab, er ist im Hauptberuf Ingenieur bei dieser Stahlfirma, fährt nur heute mal für uns… Heute soll es in die Berge gehen. "Chunkun Mountain", der mit 2340 m über NN höchste Berg der Provinz ist unser Ziel. Wir fahren am Testgelände vorbei weit, sehr weit nach Nordwesten. Die Straßen sind recht gut ausgebaut, Gegenverkehr kann jederzeit ohne Haltebuchten passieren. Da kennen wir andere Bergregionen in Europa. Das zu erwartende Willkommens-Center ist riesengroß wie immer, nur die Menschenmassen sind eher spärlich. Den Reiz an der ganzen Geschichte können wir allerdings auch noch nicht wirklich erkennen. Wir parken also das Auto, zahlen brav Eintritt und dann dürfen wir den Berg wohl betreten. Ein kleiner, offener Bus chauffiert uns auf kaum steilen Straßen entlang sanfter Hügel weiter hinauf. Oben angekommen sind wir aber doch begeistert. Eine endlos weite Hügel- und Graslandschaft liegt uns zu Füßen in allen 4 Himmelsrichtungen nichts als endlose Weite, fast menschenleer. Automatisch kommen einem da Reiterhorden mit Dschingis Khan in den Sinn. Typisch für chinesische Touristenmagnete ist alles säuberlichst vorbereitet mit Holzwegen, Treppen, Aussichtsplattformen. Und auch einen besonders großen, hohen Taobao finden wir hier oben als "heilige Stätte" der Mongolen vor. Unser Mittagessen genießen wir wieder in einer nachgebauten mongolischen Jurte. Und diesmal klappt auch die Heimfahrt gänzlich unproblematisch.
Abschied mit Gesang Zu unserem letzten Abendessen in der Mongolei führen uns unsere
freundlichen Gastgeber in ein ganz spezielles Restaurant: Mitten in einem der vielen Hochhaus-Wohngebiete im
Erdgeschoss eines solchen ist eine Wohnung zum Restaurant umgebaut. Die Wirtsleute sind Mongolen, deren Großfamilie
immer noch Schafe in der Umgebung hält und selbst schlachtet. Es gibt also mongolische Hausmannskost, schön viel
Fleisch, sehr lecker zubereitet! Nach 4 Tagen nehmen wir Abschied und haben das Gefühl wirklich nette Menschen aus einer gänzlich fremden Kultur kennengelernt zu haben. Vielleicht "Auf Wiedersehen" irgendwo und irgendwann…
Erste Eindrücke
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