Wir sind dann mal in China...3. Woche

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Sonntag, 29.7. - zu Gast bei Familie Rui

Eigentlich waren für heute gleich 2 Besichtigungstouren zusammen mit Shabanas geplant: vormittags Yuejianglou Tower, eine sehr schöne Pagoden-Anlage hoch über dem Yangtze-Fluss und nachmittags der Konfuzius-Tempel, wo wir schon Dieters Geburtstagsabend verbrachten. Beide Ziele sind uns bereits vertraut und bei weiterhin 38° haben wir eigentlich gar keine Lust darauf, vor allem der Yuejianglou Tower ist mit der Überwindung großer Höhenunterschiede verbunden, die reinste Quälerei bei dem Wetter! Aber wir haben Glück, der Plan wurde geändert. Wir gehen vormittags in die Innenstadt zum Konfuzius-Tempel während Shabanas am Nachmittag ohne uns mit Unterstützung eines Mitarbeiters eine große Bank aufsuchen wollen, um die ihnen bar in Yuan erstatteten Reisekosten in Dollar umzutauschen. Das hört sich vielleicht undramatisch an, aber wir hatten letztes Jahr das Problem in Xi'an: Wir wollten diesen Geldumtausch dort kurz vor dem Ende unserer Reise durchführen und sind echt einen ganzen Tag lang von einer Bank zur nächsten getigert. Entweder man wollte gar nicht tauschen oder nur bis zu einem Limit von umgerechnet 300,- US-Dollar oder man war zwar guten Willens, hatte aber weder genug Euro noch Dollar vorrätig. Letztlich nahmen wir wesentlich mehr Yuan mit nach Hause als geplant. Zum Glück konnten wir die jetzt ganz gut gebrauchen, denn in Deutschland tauscht Dir auch keine Bank Yuan um, kein Banker kann definieren, ob die Scheine echt sind oder nicht.

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Nun gut, wir fahren also im gut gekühlten Van zum Konfuzius-Tempel. Letzte Woche hatten wir uns ja nur der touristischen Flaniermeile gewidmet, heute steht die eigentliche Tempelanlage im Mittelpunkt. Sie ist ein Ort der Ruhe, durch hohe Gartenmauern vom umliegenden Treiben isoliert.

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Trotz aller kommunistischer und damit anti-religiöser Prägung, trotz Kulturrevolution und neuerdings kapitalistischem Streben, werden die Ideen und Philosophien von Konfuzius in China auch heute noch sehr geachtet. Ein bisschen ärgere ich mich über unseren freundlichen Begleiter Bob, ein Doktorand von Rui. Er vergleicht zu gern unsere westlichen Wirtschafts-Sprüche wie z.B. "Time is Money" mit den Philosophien von Konfuzius, der allen irdischen Reichtum zugunsten eines erfüllten Lebens ablehnt. Unserer Argumentation, dass man einen "alten Chinesen" wie Konfuzius eher mit einem "alten Juden" wie Jesus oder einem "alten Moslem" wie Mohammed vergleichen sollte, leuchtet ihm überhaupt nicht ein.

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Er sieht den Ami und den Europäer ausschließlich im Lichte des modernen Kapitalismus und vergleicht ihn mit einem längst ausgestorbenen Chinesen, der nicht etwa auch nach sozialem Aufstieg trachtet, sondern nur die Lehren des Konfuzius verinnerlicht. Das empfinden Frau Shabana und ich als sehr ungerecht, weil schlicht unwahr. Wir berichten ihm über die Wunder, die Jesus gewirkt hat und möchten wissen, ob Konfuzius auch solches getan habe. Wir lernen, dass Konfuzianismus solche "Mirakel" nicht braucht und eine sehr alltagstaugliche, realistische Weltanschauung wäre, die rein auf Vernunft und dem daraus resultierenden Wohlverhalten ihrer Anhänger basiert.

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Da frage ich mich dann, warum der ganze Tempel voll ist mit Gegenständen und kleinen Ritualen, die angeblich Glück bringen oder bei Nicht-Anwendung Unglück heraufbeschwören? Nein, da reagiere ich doch ziemlich allergisch, wenn jemand mich und meine Kultur in eine Ecke von Geldgier und mirakulöser Religion schieben möchte, während der eigene Aberglaube und die tatsächlich vorhandene "Better Life"-Suche negiert wird. Nichts desto trotz verbringen wir ein paar nette Stunden mit und um Konfuzius und während Shabanas später erneut raus in die Hitze müssen, genießen Dieter und ich einen gemütlich-faulen Nachmittag zuhause.

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Zum Abendessen sind wir zu Familie Rui nach Hause eingeladen. Sie haben eine schöne Eigentumswohnung hier auf dem Campus. Jedoch gilt dort das Gleiche wie bei unserem Wohnhaus: Außen pfui und innen hui! Bis zur Wohnungstür befindet man sich in einer ungepflegten Außenanlage, einem wenig einladenden Treppenhaus, dann öffnet sich die Tür und innen glänzt der Marmorfußboden und eine sehr schicke, teure Einrichtung. Wir sind richtig viele Leute: Ruis, Shabanas und wir, Prof. Abbas, ein Mitarbeiter aus dem Iran und 2 ägyptische Familien mit je 2 Kleinkindern, deren Familienoberhäupter bei Rui promovieren. Die Muslime sind also ganz klar in der Mehrheit. Das verspricht ein sehr interessanter Abend zu werden, ich freue mich.

Etwas besorgt bin ich um Ling, die Frau von Rui, die garantiert nicht Rui heißt, deren Nachnamen wir aber nicht kennen. Sollte sie wirklich für 15 Personen gekocht haben? In Deutschland würde man bei solchen Gelegenheiten den Grill anwerfen oder einen großen Topf Suppe oder leckeren Auflauf servieren, nicht wahr? Aber in China müssen es ja immer ganz viele kleine, verschiedene Gerichte sein, wie soll sie das gemacht haben? Die Antwort auf meine nicht gestellte Frage klingelt soeben an der Haustür: Sie haben einen Catering-Service bestellt, gute Entscheidung! 2 junge Mitarbeiter decken ruck zuck die beiden Tafeln ein und schleppen Unmengen von Töpfen, Pfannen und Schüsseln in die kleine Küche.

Dem Platzmangel geschuldet, verteilen wir uns auf Ruis Geheiß an 2 Tische, die ein gemeinsames Gespräch leider ausschließen. Am einen die Familien mit Kindern, der Rest am runden Esstisch. Es ist ziemlich eng, aber gemütlich und sehr familiär. Gerne wäre ich mit den beiden jungen Müttern ins Gespräch gekommen. Sie tragen beide Kopftuch und von Dieter weiß ich, dass das eine Ehepaar auch dem Ramadan entsprechend seit 9 Tagen fastet. Aber auch an unserem "älteren" Tisch ergeben sich sehr angenehme Gespräche, so dass wir einen wirklich unterhaltsamen Abend verbringen. Zum Dessert, das die beiden jungen Ägypterinnen vorbereitet haben, setzen wir uns wieder zurück auf die Couch. Es gibt eine Art Reisbrei mit Zucker überbacken, sehr süß aber lecker und dazu Feigen im Teigmantel, ganz köstlich.

Mittlerweile ist es schon fast 23:00 Uhr und die Kinder werden so langsam wirklich müde. Mit der Verabschiedung beginnt die Geschenke-Kür. Wir wissen ja inzwischen, dass in China Geschenke zum Abschied überreicht werden und auch nicht nur in eine Richtung vom Gast zum Gastgeber. Shabanas sind von diesem Ritus sichtlich überrascht. Wir haben für Ruis aus Seiffen im Erzgebirge einen Räuchermann in Form eines Bergbau-Kumpels mitgebracht und erzählen vom traditionellen Handwerk und Wert dieser Handarbeit. Da Räucherstäbchen in China ja auch Tradition haben, gehen wir mal davon aus, dass unser Kumpel durchaus zum Einsatz kommen wird. Chinesen packen Geschenke nicht in Gegenwart des Schenkenden aus, damit vermeiden sie ganz einfach den beiderseitigen Gesichtsverlust, falls das Geschenk nicht gefällt. Also nehmen auch wir unser Geschenk verpackt mit nach Hause, wo es sich später als tönernes Teeservice erweisen wird.

Auf dem gemeinsamen Heimweg, es sind immer noch über 30°, unterhalte ich mich dann doch noch ein wenig mit den aufgeschlossenen Ägypterinnen, gebe ihnen meine Visitenkarte und versichere, dass ich sie sehr gerne näher kennenlernen würde, mal schauen was daraus wird.

 

Montag bis Mittwoch - ich bin dann mal krank…

Die viel zu extrem betriebenen Klimaanlagen in öffentlichen Räumen fordern ihren Tribut. Wir verspüren beide heftiges Kratzen im Hals und beginnen schnell Vitamin C zu schlucken. Dieter hält sich wacker und geht brav weiterhin in die Uni. Bei mir ist es schlimmer - oder erlaube ich es mir nur, weil ich ja keine Dienstverpflichtung habe? Jedenfalls drosseln wir für 3 Tage unsere Aktivitäten auf das allernötigste. Viel schlafen und wenig essen lautet die Devise und führt auch relativ schnell zum Erfolg.

 

Donnerstag - eine Busreise "in den Westen"

Geografisch fahren wir eigentlich nach Süden, aber das Ziel ist ziemlich westlich orientiert: Der METRO-Großmarkt wird heute heimgesucht. Wir hoffen dort noch ein paar heimische Produkte zu ergattern, die es auch im französischen "Carrefour" gar nicht oder nur sehr überteuert zu kaufen gibt. Es sind so unspektakuläre Dinge wie Tomatenmark, Soßenpulver, Wurst und Sprudel, die unsere Einkaufsliste bestimmen. Vor uns liegt eine Busfahrt von rund 45 Minuten. Im Gegensatz zu unserer Ikea-Busfahrt landen wir heute in einem wesentlich moderneren Fahrzeug, sogar mit Klimaanlage. Das verdoppelt dann auch gleich den Fahrpreis von 1 auf 2 Yuan p.P. (umgerechnet immer noch ein Spottpreis von nur rund 0,25 €) Spannend ist aber, dass wir mittendrin umsteigen müssen. Google maps verrät uns auch nur den chinesischen Namen der Station und dass es auf der Routenführung gleich hinter dem 2. Linksabbiegen in der Nähe eines Flusses und hinter den Eisenbahnschienen sein müsste. Wir beobachten also ganz genau, wo wir entlangfahren. Der Name der Station steht natürlich irgendwo an der Bushaltestelle auf einem Schild angeschrieben, aber bevor wir dieses finden und dann noch die 5 chinesischen Schriftzeichen unseres Ausdrucks mit dem Schild verglichen haben, sind wir bestimmt schon 3 Stationen weiter. Es sind Herausforderungen ganz ungewohnter Art, die uns hier begegnen, wo wir weder der gesprochenen noch der geschriebenen Sprache auch nur den Hauch einer Systematik abringen können. Tatsächlich erwischen wir die richtige Station und der Anschlussbus kommt auch recht zügig, wir löhnen weitere 2 Yuan mit unseren tollen IC-Cards und verfluchen auch hier die Eiskalt-Klimaanlage mit Sturmtief-Effekt. Die Fahrt führt uns ins Industriegebiet und wir erkennen bereits von Weitem das riesige Werbeschild des "Decathlon", der direkt neben der Metro sein soll. Zurück in der sengenden Hitze der Straße, stehen wir direkt vor einem riesengroßen Einrichtungshaus, das interessiert uns natürlich auch, also nichts wie rein.

Wie wir es schon von den Computer-Kaufhäusern kennen, besteht auch dieses Zentrum aus lauter kleinen Einzelläden, jeder vertritt eine eigene Marke. Im Erdgeschoss finden wir Küchen, Bäder, Klimaanlagen, Heizsysteme und Fenster. Alles richtig schick und hochmodern, nicht etwa einfache Baumarktqualität. Der Durchschnittschinese von der Straße kauft hier bestimmt nicht ein. Preise können wir jedoch nur bei Möbeln sehen. Die gibt's in den oberen Stockwerken, einigermaßen übersichtlich nach verschiedenen Stilrichtungen getrennt. Wir beginnen mit Edelstahl-Glas-Leder im super modernen Design, wo das Wohnzimmer schon seine 50 Quadratmeter haben möchte, damit alles ordentlich reinpasst. Für eine Leder-Sitzgarnitur für etwa 5 Personen müsste man um die 25.000,- Yuan ausgeben. Das sind gute 3.000,- €, also in Deutschland nicht soooo außergewöhnlich. Nach meiner Internetrecherche liegt das chinesische Durchschnittseinkommen allerdings bei etwa 3.140,- € jährlich, da fühlen sich diese Preise dann schon gänzlich anders an. Einen Stock höher finden wir die Kategorie "Mitnahmemöbel, junges Wohnen". Hier sind die Preise gleich viel moderater, aber mit einem Einkommen von vielleicht 200,- € monatlich als junger, gut ausgebildeter Chinese sparst Du auch auf ein Sofa für 600,- € ziemlich lange. Da ist Ikea eine echte Alternative. Ihr könnt Euch die dortigen Preise (Ikea China) ja mal ansehen, Yuan : 7,75 = EURO

In den weiteren Stockwerken finden wir dann noch den Einrichtungsstil, mit dem unsereins groß wurde, aber auch piekfeine Klassiker von Stilmöbeln oder den ausgeprägten Empire-Stil mit Schnörkeln, weißem Lack und Blattgold. Es gibt nichts, was es hier nicht gibt. Trotzdem fühlen wir uns in unserer stark Ikea-lastigen kleinen Wohnung weiterhin ausgesprochen wohl.

Nach diesem unerwarteten Möbel-Exkurs lenken wir unsere Schritte nun Richtung METRO, wir sind ja schließlich nicht zum Spaß hier! Weil es aber gar so heiß ist, gönnen wir uns auf halbem Weg noch einen Abstecher in den "Decathlon", ein französischer Sport-Markt. Ja, es klingt unwahrscheinlich, dass ausgerechnet wir beiden Couch-Potatoes uns davon magisch angezogen fühlen. Aber stellt Euch die langen, schattenlosen Wege in einem weitläufigen Industriegebiet bei 40° vor, da würdet auch Ihr noch ganz andere klimatisierte Läden besuchen, jede Wette! Tatsächlich merken wir uns den Kauf von Federballschlägern mal vor, aber erst wenn die Temperaturen sichtlich fallen. Und es gibt dort Sportbekleidung auch in großen Größen, was in chinesischen Bekleidungsläden sonst eher nicht der Fall ist, da ist jenseits von Größe 40 definitiv Schluss. Dieter nimmt sich gleich ein weißes Poloshirt mit, bei weiß sieht man nicht sooo schnell, dass er schon wieder klatschnassgeschwizt ist. Und ich behalte den Laden für mich im Hinterkopf, falls ich nicht genug warme Kleidung dabei haben sollte. Zum Thema Winter in Nanjing haben wir inzwischen schon die übelsten Kältegeschichten gehört.

Aber Kälte ist momentan echt kein Thema. Wir unterbrechen den endlosen 300m- Marsch von Decathlon zu METRO nochmal auf halbem Weg bei KFC und genehmigen uns eine eisgekühlte Cola. So gut gestärkt schaffen wir die letzte Etappe in den Großhandelsmarkt. Wie überall auf der Welt, ist auch hier ein Ausweis zur Einkaufsberechtigung im Großmarkt von Nöten. Den hat mir Brigitte sicherheitshalber schon in Deutschland zugeschickt. Zuhause würde ich mich ja nicht mit einem fremden Ausweis zur Selgros wagen, aber laut Internet sieht man das hier ausgesprochen locker, Hauptsache die Kunden kommen überhaupt. Angeblich leiht die Angestellte am Einlass einem auch problemlos ihren eigenen Ausweis, damit man dort zum Käufer wird. Zur Beantragung eines eigenen Ausweises braucht man wohl nur eine einfache Visitenkarte vorzulegen, die irgendwie halbwegs wichtig und bevorzugt ausländisch aussieht.

Da wir keinen Zeitdruck haben, spazieren wir gemütlich durch den kompletten Laden, lassen kein Regal aus. Zwar werden Kaffeemaschinen mit normal großen Filtern verkauft, als Filtertüten gibt es aber auch hier nur die für 2 Tassen. Möchte mal sehen, wie die Kaffeemaschine damit umgeht, aber wohlmöglich akzeptiert man hierzulande einfach etwas Kaffeepulver in der Tasse. Zum Glück war ich vorgewarnt und habe sowohl den Filteraufsatz als auch 200 Filtertüten von zuhause mitgebracht.

Sprudel gibt es hier zwar, aber echt teuer: Für 0,5 l möchte man uns 0,80 € abnehmen. Und dann darf man nur die Großpackung mit 24 Flaschen kaufen, 12 kg, die weder Dieter noch ich zum und vom Bus wegschleppen möchten. Also gibt's halt keinen Sprudel, auch das wird mein lieber GöGa überleben!

Bei den Naschereien freut sich Dieter über original ungarische Chio-Chips, während Haribo bei mir auf große Gegenliebe stößt. Und da der Laden ja doch ziemlich weit weg ist, kaufen wir auf Vorrat ein. Auch eine Flasche Roséwein findet den Weg in unseren Einkaufswagen und das ersehnte Tomatenmark und die Pizzatomaten in Dosen ergattern wir auch. Brühwürfel, Soßenpulver oder gekörnte Brühe allerdings will man uns auch hier nicht bieten, ebenso bleibt meine Suche nach Sahne oder Crème Fraiche erfolglos. Die original italienische Salami, 300 g für 14,- €, lässt Dieter zwar das Wasser im Mund zusammenlaufen, aber solche Wucherpreise will er dann doch nicht unterstützen. Immerhin finden wir noch eine Packung Sandwich-Toast, die ziemlich amerikanisch daherkommt. Als mittlerweile erfahrene Zu-Fuß-Einkäufer haben wir ausreichend Taschen und Rucksäcke dabei, so dass wir unsere Einkäufe einigermaßen gleichmäßig auf 2 Rücken und 4 Hände verteilen können. Auch auf dem Rückweg erwischen wir die richtige Umsteigehaltestelle und verlassen den klimatisierten Bus in der Nähe des West-Tores des Campus'. Der restliche Heimweg ist dadurch vielleicht ein klein wenig kürzer als wenn wir beim Nordtor ausgestiegen wären. Auf jeden Fall sind wir beide total durchgeschwitzt und vollkommen platt, als wir nach 15-minütigem Fußmarsch endlich die Wohnung im 4. Stock erreichen.

 

Freitag, 3.8. - der erste Regen

Heute hat es doch tatsächlich geregnet! Und wer ist natürlich gerade ohne Regenschirm unterwegs? Als ich so gegen 10 Uhr in Richtung Supermarkt das Haus verlasse, sieht der Himmel für mich genauso aus wie immer. Mir fällt schon auf, dass sehr viele Fußgänger und Radfahrer Regenschirme mit sich rumschleppen, aber selbst als ich die allerersten zarten Tröpfchen auf der Haut spüre, glaube ich noch nicht wirklich an echten Regen. Beim Überqueren der Hauptstraße erkenne selbst ich einen Hauch von Nieselregen, da sind ja auch keine Bäume im Weg. Die restlichen 10 Minuten Fußweg zum Supermarkt führen wieder unter dichten Laubbäumen entlang, also auch noch unproblematisch. Erst als ich gut bepackt mit Rucksack und 2 Tragtaschen wieder aus dem Suguo rauskomme, hat Petrus die Schleusen so richtig geöffnet. Nach 15 Minuten Heimweg ist weder an mir noch an meinem Einkauf noch ein einziges trockenes Fleckchen übrig. Meine Sandalen quietschen vor Vergnügen, als ich die Treppen hinaufsteige. Aber zum Glück ist es ja nicht kalt. Die Klamotten wandern erstmal in den Schleudergang der Waschmaschine damit ich keinen Stress mit großen Wasserlachen unter der Wäschestange bekomme und der Einkauf muss halt Stück für Stück abgetrocknet werden. Leider bringt der Guss nur Feuchtigkeit aber keinerlei Abkühlung.

 

Samstag, 4.8. - er kann's nicht lassen

Zu Dieters Aufgaben in der Uni hier gehören intensive Gespräche mit 4 Doktoranden, die mit seiner Hilfe irgendwelche neuen Rechenmethoden in der Mehrkörperdynamik erlernen sollen. Für mich alles böhmische Dörfer, also nenne ich es schlicht "arbeiten". Die Studenten haben für sich und Dieter einen genauen Zeitplan entwickelt. Alle 2 Tage sind 2 ˝ Stunden Diskussion angesetzt und dabei ist es völlig egal, wenn da mal das WE dazwischenkommt. So muss Dieter also am heutigen Samstag auch "auf Arbeit", nächste Woche ist dann der Sonntag dran.

Auf seinen Fußmärschen zur Uni und zurück empfindet er die heutigen Wetterverhältnisse als "weniger warm und kaum feucht". So kommt es, dass mein lieber Mann schon am frühen Nachmittag kein Sitzfleisch mehr hat und so lange rumdrängelt, bis ich endlich einem Ausflug nach Downtown zustimme. Wir fahren mit der U-Bahn erstmals über die Hauptkreuzung der beiden Linien gen Westen hinaus. Dort soll in der Shanghai-Lu der Bär los sein.

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Tatsächlich ist der Verkehr hier noch dichter, aber das kann auch am Samstag liegen. Wir schlendern durch einen riesigen Einkaufstempel, wo hauptsächlich die ganz teuren Marken wie Gucci, Armani und ähnliche verkauft werden - "verkauft werden sollen", denn außer uns und unglaublich vielen gelangweilten Verkäuferinnen, verirrt sich kaum jemand hier hin.

Gleich um die Ecke ist ein "normales" Kaufhaus, auch mit vielen westlichen Marken (Adidas, Jack Wolfskin, Samsonite, Ecco, um nur einige zu nennen) und dort treffen wir genau das Getümmel, das man samstags im Einkaufszentrum erwartet. Zum Glück brauchen wir nichts Bestimmtes und stolpern nur ganz zufällig in einer Drogerie über Näh- und Handarbeitsutensilien, wo ich die vergessene Häkelnadel und ein paar Patchwork-Gimmicks erwerbe, die hier mal gerade 1/4 des Gewohnten kosten. Für umgerechnet 6,- € ergattere ich die 2 Häkelnadeln, 3 Stoff-Markierstifte und 1 magnetisches Nadelkissen.

Eigentlich wollten wir ja noch ein ganzes Stück zu Fuß weiter nach Westen laufen, aber gut durchgeschwitzt wird Dieter magisch angezogen vom nächsten U-Bahn-Zugang um möglichst schnell wieder unsere wohl klimatisierte Wohnung zu erreichen. WER wollte denn unbedingt raus???? Ich verspreche ihm, ähnliche Anfälle von Spazierlust für den morgigen Sonntag auf jeden Fall im Keim zu ersticken…

 

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