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Wir sind dann mal in China...7. Woche
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Sonntag, 26.8. - Yungang-Grotten und Hängendes Kloster
Nach einem guten Frühstück mit internationalen Komponenten neben dem chinesischen Buffet warten
unsere Fahrer bereits in der Hotellobby auf uns. Wahrscheinlich wollen sie auf Nummer Sicher gehen, dass wir auch wirklich
zu Dieters Handschlag stehen. Ich versuche noch dem hoteleigenen Geldautomaten etwas Bargeld abzuluchsen, tut aber nicht.
Das bedeutet, dass wir heute tunlichst unsere Geldvorräte im Auge behalten müssen, damit wir am Ende des Ausflugs auch
wirklich noch die 600,- Yuan für unsere Chauffeure im Portemonnaie haben.
Wir teilen uns auf die beiden Taxen auf, eins für die Jugend, eins für die "Kompostfraktion", wie
unsere Kinder uns liebevoll bezeichnen. In beiden Autos ist je ein Handy, das "chinesisch" kann, also mit einer hiesigen
SIM-Karte ausgerüstet ist. Und los geht die Fahrt. Als erstes stehen die Yungang-Grotten auf dem Plan. Sie liegen etwa 16 km
westlich von Datong.
Im Flusstal des Shi Li haben buddhistische Mönche schon im 5. Jahrhundert n.Chr. über 51.000
Buddhastatuen aus dem Sandstein gemeißelt. Die Größen variieren von wenigen Zentimetern bis zu 15 Metern. Teilweise sind
die Werke schon sehr stark verwittert, weil der Sandstein außerhalb der künstlich geschlagenen Grotten und Nischen ständig
Wind und Wetter ausgesetzt ist. Zum Schutz der Statuen wurden bereits im 11. Jahrhundert einige Holztempel direkt an die
Felswände angebaut. Wer mag, kann hier näheres nachlesen.
Hier unsere Fotoimpressionen:


In unmittelbarer Nachbarschaft der Sandsteinfelsen befindet sich eine große Tempelanlage, wo
heutzutage natürlich auch viel touristisches untergebracht ist.


Nach 2 Stunden treffen wir am Ausgang wie vereinbart unsere "Driver" wieder und machen uns auf den
Weg zum Hängenden Kloster. Dazu müssen wir ein gutes Stück wieder durch die Stadt Datong fahren, da das Kloster 70 km
südöstlich der Kohlenstadt liegt. Auf dem platten Land halten die Taxis an einem kleinen Rasthof an, mit dem Vorschlag
hier Mittag zu essen. Wegen unserer Bargeldknappheit lehnen wir dankend ab, was unseren beiden Herren nicht wirklich
gefällt. Entweder sind sie mit den Wirtsleuten verwandt oder bekommen einfach nur eine Provision für "angeschleppte Touris".
Wir jedoch bauen darauf, dass wir am Kloster irgendeine Kleinigkeit, und sei es eine Packung Chips, bekommen. Nach 90
Minuten Fahrt erreichen wir mitten in den Bergen den Parkplatz des Klosters. Wir verabreden uns in einer Stunde hier
wieder einzufinden. Der klitzekleine Imbiss-Stand hält zumindest schön gekühlte Getränke aller Art für uns bereit, das
Angebot an kleinen Naschereien trifft unseren Geschmack leider gar nicht, aber noch zehren wir ja vom üppigen Frühstück.
Über eine einigermaßen schwankende Hängebrücke erreichen wir den Fußweg, der zum Kloster führt. Das Bauwerk ist eine
geniale Konstruktion:

Im Jahr 419 wurde das Kloster erbaut, indem von oben, von einer Felsklippe, Männer an Seilen
herabgelassen wurden, um die dünnen Tannenstämme im und am Fels zu verankern und nach und nach die 40 Kämmerchen des
Klosters zu erbauen. Zur damaligen Zeit führte eine wichtige Pilgerroute durch dieses Flusstal und garantierte, dass viele
Mönche das Kloster finden würden. Andererseits war es durch die Höhe vor den alljährlichen Überschwemmungen des Tales
geschützt und durch die Abgeschiedenheit mitten im Fels war auch die erforderliche Ruhe zum Gebet gewährleistet. Die
überhängenden Felsen schützten das Gebäude weitgehend vor Regen und Schnee, so dass der größte Teil der Holzbalken bis
heute erhalten blieben. Nur einige wenige mussten im Laufe der Jahrhunderte ersetzt werden.

Eine weitere Besonderheit des Klosters ist, dass die 3 großen asiatischen Religionen: Buddhismus,
Taoismus und Konfuzianismus hier allesamt nebeneinander und miteinander praktiziert wurden. In jedem der Räume finden
sich Statuen aus allen drei Weltanschauungen. Bis ins Jahr 1985 lebten bis zu 10 Mönche gleichzeitig auf dem Fels, als der
Letzte die Anlage verließ, wurde sie für Touristen geöffnet. Hier
könnt Ihr noch mehr Details nachlesen.


Mir war beim Rumklettern auf den schmalen Gängen und Balkonen mit den niedrigen Geländern überhaupt
nicht wohl und beim Anblick, wie Pascal sich immer wieder waghalsig über das Geländer hinauslehnte, um möglichst gute Fotos
zu schießen, blieb mein Mutterherz mehrfach fast stehen. Mir wird jetzt beim Schreiben noch ganz mulmig im Magen, wenn ich
nur dran denke. DAS war meine Portion Abenteuer für den Tag, mehr hätte es nicht gebraucht.
Ziemlich pünktlich erreichen wir den Parkplatz und machen uns auf die Heimfahrt. Als wir gegen
15:30 Uhr am Hotel ankommen, versuchen unsere Chauffeure uns doch mehr als 600,- Yuan abzunehmen, denn wir müssten doch
jetzt einsehen, dass Ihre Leistung viel mehr wert sei. Aber Dieter bleibt hart, Vertrag ist Vertrag. Er drückt ihnen die
abgesprochene Summe in die Hand und wir verabschieden uns.
In Julias Magen macht sich eine gewisse Leere bemerkbar, was ihrer sonstigen Liebenswürdigkeit
vorübergehend etwas abträglich ist. Unsere Jungs sind es von früheren Urlaubsreisen durchaus gewohnt, dass Nahrungszufuhr
nun wirklich ganz weit hinten auf der Bestle'schen Werteskala beim Sightseeing rangiert. Die Kinder können ja gerne gleich
nochmal losziehen um was Essbares zu organisieren. Wir, die "Kompostfraktion", brauchen jetzt erstmal eine kleine Pause
auf dem Hotelzimmer. Um 17:00 Uhr wollen wir uns Richtung Altstadt aufmachen.
Ohne nennenswerte Zwischenmahlzeit treffen wir uns in der Lobby wieder. Zuerst besuchen wir eine Bank,
um endlich wieder Bargeld zu tanken, was auch problemlos funktioniert. Diesmal steuern wir gleich ein anderes Tor der
Stadtmauer an, da das Südtor ja möglicherweise immer noch zu ist wegen der Autoausstellung. Der Weg zieht sich bei der
Wärme und den knurrenden Mägen ganz schön in die Länge. An dieser süd-westlichen Seite der Stadtmauer befindet sich
außenrum eine riesengroße Baustelle, die das Laufen nicht wirklich angenehmer macht. Als wir endlich das anvisierte Tor
erreichen, werden wir zurückgewiesen: Auch geschlossen wegen der Automesse! Jetzt sinkt MEIN Launepegel steil bergab.
Wegen der Baustelle können wir jetzt nämlich auch nicht geradewegs der Mauer entlang zum nächsten Tor im Westen laufen,
sondern müssen einen ganzen Häuserblock umschiffen, ohne genau zu wissen, ob's dort denn auch wirklich einen Zugang gibt.
Aber wir haben noch ein kleines bissel Glück und dürfen endlich die Stadtmauer durchqueren und die vermeintlich
wildromantische Altstadt betreten. Auf den ersten Blick ist das jedoch eine arge Enttäuschung.
Statt Altstadt im chinesischen Baustil nur heruntergekommene, vielleicht 3-stöckige Wohnhäuser aus
den 70er Jahren oder so. Die Straße ist schmutzig vom vielen Bauschutt und kaputt von den Raupen der Baumaschinen, nichts,
aber auch gar nichts Hübsches erfreut unser Auge. Wir gehen gen Norden auf eine stark befahrene Querstraße zu. Als wir
diese erreichen, kann man bereits erkennen, dass unsere Straße auf der gegenüberliegenden Seite der Kreuzung dann zur
Fußgängerzone wird und am Eck gibt's doch tatsächlich einen KFC, wer hätte das gedacht. Nun können wir die Straße aber
nicht einfach überqueren. Sie ist am Mittelstreifen durch ein variables, aber stabiles Edelstahlgitter getrennt. In
meiner momentanen Gemütsverfassung erscheinen mir die 300 m Umweg, die mir nun schon wieder zugemutet werden, wie eine
Höchststrafe. Diese Stadt muss sich echt gewaltig anstrengen, um in meiner Gunst nochmal zu punkten!

Nun gut, wir erreichen tatsächlich irgendwie die Fußgängerzone und stellen fest, dass diese links
und rechts von Bauten im alten chinesischen Stil gesäumt ist. Untenrum lauter Geschäfte und Restaurants, die oberen
Stockwerke mit schönen Holzfassaden, verzierten Fenstern und den typischen nach oben geschwungenen Dächern. Auf KFC haben
wir alle keinen rechten Appetit, was anderes westliches, Pizza-Hut z.B., wäre uns viel lieber. Also schlendern wir die
Einkaufsmeile weiter nach Norden entlang, könnte ja sein, dass da noch was in der Art kommt.

Beim Blick in die kleineren Querstraßen sieht man zu beiden Seiten nur Bauschutt, Baustelle oder
Abrissruinen hinter den schönen Fassaden der Hauptstraße. Als wir dann den wohl zentralen Platz der Innenstadt erreichen,
erkennen wir, dass da alles komplett neu gebaut ist und zwar im alten Stil. Meine nachträgliche Recherche im Internet ergab,
dass momentan für rund 6 Milliarden Euro die gesamte Innenstadt nebst Stadtmauer im Stil der Ming-Dynastie restauriert
bzw. neu aufgebaut wird. Damit will man als touristisch interessante Stadt neue Einnahmequellen erschließen. Zuvor bestand
die Altstadt aus Hutongs, wie wir sie in Peking kennenlernten. Deren 40.000 Einwohner wurden "umgesiedelt". Im Gegensatz
zu Deutschland bedeutet das in China aber nicht, dass etwa Entschädigungen gezahlt oder adäquater Wohnraum an anderer
Stelle angeboten würde, hier gleicht so eine Umsiedlung eher einer Vertreibung, wo zuweilen die Abrissbirne den Leuten
beim Frühstück auf den Esstisch knallt. Da ist man in China ziemlich rigoros, anders wären die rasanten Neubauprojekte
überall überhaupt nicht vorstellbar, ja der Fortschritt hat auch hier seinen Preis und den bezahlen meist die ärmsten der
Armen. Wir hörten aber, dass sich in dieser Hinsicht so langsam deutlicher Protest in der Bevölkerung regt. Laut Internet
sollen in der Datonger Altstadt hinter den schönen neuen, alten Fassaden Hotels und Luxuswohnungen entstehen. Momentan
leben in den Abrissruinen aber noch die ehemaligen Hutongbewohner und arbeiten entweder in den Geschäften und Restaurants
der Einkaufsmeile oder am Bau der neuen Häuser.


Seit seinem ersten Chinabesuch träumt Dieter ja von einem chinesischen Gartenpavillon. Hier in
Datong hätte er die wohlmöglich einmalige Chance den Aufbau so eines Daches im Original z.B. als Praktikant auf der
Baustelle mitzumachen. Aber er lässt die Chance verstreichen und bleibt weiter bei uns auf unserer Reise durch und ins
unbekannte große Land.
Wir laufen aus purer Neugier durch ein paar dieser Seitenstraßen, um einen Blick auf die Baumaßnahmen
zu werfen, das ist wirklich sehr interessant. Zurück auf der Hauptstraße erwartet uns der vielversprechende Restaurantname
"Best Pizza", na wenn das keine Einladung ist! Im Erdgeschoss befindet sich eine Bar, aber über eine kleine, steile Treppe
erreichen wir im Obergeschoss ein gemütlich eingerichtetes Lokal, das uns mit seinen Sofas an das "Delhi" in Sandow
erinnert - das nur für die Cottbuskenner… Man weist uns einen Tisch im Eck zu und bringt uns eine chinesisch-englische,
bebilderte Speisekarte, also alles bestens. Wir suchen uns verschiedene Pizzen aus und bestellen recht zügig, man hat ja
schließlich so richtig HUNGER. Wie in allen chinesischen Restaurants gibt es mehr als genug Kellnerinnen. Die hiesige
Mannschaft beherrscht es bravourös sich selbst zu unterhalten und die hilflosen Wink- und Rufaktivitäten der Kundschaft
eisern zu ignorieren. Da werden Liedchen geträllert, die Nägel gepflegt, Schwätzchen gehalten, nur das Bedienen der Gäste
scheint eine lästige Nebenwirkung des gemeinsamen Arbeitsplatzes zu sein. Nach etwa 30 Minuten endlich kommt unser
bestellter Cola-Pitscher. Das Wort und die Idee hat der Restaurantinhaber bestimmt bei Pizza-Hut "geklaut", nur leider hat
er nicht genau hingeschaut. Während man bei Pizza-Hut ja einen Literkrug mit frisch abgefüllter, sprudelnder, eisgekühlter
Cola für günstig Geld im Vergleich zum Einzelglas bekommt, serviert man uns hier allen Ernstes lauwarme, abgestandene Cola
ohne den Hauch von Kohlensäure in einer Teekanne! Wir wissen nicht genau, ob wir jetzt lachen oder weinen sollen. Dieter
gelingt es, der Kellnerin eine Schüssel mit Eiswürfeln abzuringen. Die schmelzen in der braunen Brühe so schnell, dass man
zuschauen kann. Auf die Pizza warten wir fast nochmal so lange, aber immerhin schmeckt sie ganz ordentlich. Nicht alle in
der Familie werden allerdings davon satt. Aber bevor wir hier nochmal nachbestellen und eine weitere Stunde warten,
verlegen wir den zweiten Gang auf den KFC am Ende der Fußgängerzone. Dort genießen wir neben einem großen "Eimer"
Hähnchenteile noch eisgekühlte Getränke und machen uns dann auf den Heimweg.
Plan ist es ein, bzw. zwei Taxis zu nehmen. Unsere Füße mögen den langen Heimweg nicht mehr laufen.
Also laufen wir auf der Querstraße, die man wegen der Begrenzung so schlecht überqueren kann, Richtung Osten und versuchen
nebenher die vorbeifahrenden Taxen auf uns aufmerksam zu machen, aber alle sind besetzt. Nach etwa 1 km wissen wir auch
warum: Die Straße endet als Sackgasse in einer unüberwindlichen Baustelle und hier am Ende ist ein Hotel, wo sich viele
mit dem Taxi hinfahren lassen. Nun gut, denkt sich unsereins, dann krallen wir uns halt eines der dann leer zurückfahrenden
Autos, aber die kommen nicht, die biegen fast alle in irgendeine Querstraße nach Norden ab. Das mit den 2 Taxen können wir
also knicken. Als Dieter endlich eins zum Anhalten bringt, steigt er vorne ein, die Jungs und ich hinten und ehe sich's
der Taxifahrer versieht, legt sich Julia quer über uns hinten drüber. Etwas erschrocken zeigt der Taxifahrer mit den Fingern
die Zahl 5, Dieter zuckt nur die Schultern und vermittelt den Eindruck, das sei doch völlig selbstverständlich. Ohne Murren
fährt unser Chauffeur los. Als wir an einer Kreuzung Polizei sehen, duckt Jule sich ganz flach nach unten, denn erlaubt
ist solches Stopfen in China sicher auch nicht und wir wollen dem Taxifahrer ja keinen Ärger machen. Am Hotel gibt Dieter
ihm den doppelten Fahrpreis (also umgerechnet 4 statt 2 €) und wir verteilen uns auf unsere Zimmer.
Montag, 27.8. - zurück nach Peking
In unserem schönen Holiday-Inn in der chinesischen Provinz ist es im Gegensatz zu Peking überhaupt
kein Problem 2 Taxen zur gewünschten Zeit am Hotel vorfahren zu lassen. Der junge Mann an der Rezeption schreibt mir
freundlicherweise auch noch unser in der Pekinger Innenstadt gebuchtes Hotel nebst Adresse in chinesischer Schrift auf,
damit wir dort nicht verloren gehen. Am Bahnhof in Datong geht es einigermaßen ruhig zu, endlich hat man mal das Gefühl,
dass ein Gebäude wirklich groß genug ist für die Menschenmassen, die da so alltäglich durch müssen.
Diesmal dauert unsere Zugfahrt sogar noch länger, nämlich 7 ½ Stunden, aber wir sind es ja
inzwischen schon fast gewöhnt. Wir freuen uns, dass unser Abteil erst bei unserem Zustieg vom Schaffner aufgeschlossen
wird, das bedeutet sicher, dass seit der letzten Benutzung geputzt und dieser Zustand bis zu unserem Eintreffen auch
konserviert wurde, und wirklich ist diesmal alles wesentlich ordentlicher und sauberer. Erst um 20:05 Uhr kommen wir am
Pekinger Nordbahnhof an und dürfen abermals mehrere hundert Meter vor dem Prellbock des Sackbahnhofs aussteigen, aber das
kennen wir ja schon von unserer Badaling-Exkursion.
Mit der Metro geht's weiter Richtung Innenstadt und dort gelingt es uns doch tatsächlich einen Bus
zu bekommen. Auch so eine geniale Arbeitsbeschaffungsmaßnahme: In Pekinger Bussen steigt man regelmäßig hinten ein, wo
ein extra Fahrkartenschaffner sitzt und Tickets verkauft bzw. Zeitkarten kontrolliert. In unserem Fall ist es eine sehr
freundliche Schaffnerin, der ich meinen chinesischen Hotelzettel zeige und sie mir bestätigt, dass der Bus da hin fährt.
An der passenden Haltestelle nötigt sie uns zum Aussteigen und weist uns auch noch den Weg, wo wir weiter müssen. Mal
wieder eine schöne, positive Erfahrung!
Nach wenigen Minuten erreichen wir das Hotel, nachdem wir erstmal dran vorbei liefen, weil zur
Straße hin nichts auch nur annähernde Ähnlichkeit mit dem Bild aus dem Internet hat. Erst im Innenhof kommt uns das etwas
bekannt vor. Wir sind in Peking - in einem klitzekleinen, Low-Budget-Hotel - und die Empfangsdame spricht Englisch! Wow,
welche Überraschung! Die erste Freude vergeht uns ziemlich rasch als wir unsere Zimmer in Beschlag nehmen. Nicht übermäßig
sauber, auch viel Renovierungsbedarf und vor allem brettharte Betten. Da hatten wir bisher in den Holiday-Inns Glück
gehabt, aber jetzt wird's echt chinesisch, noch viel härter als unser Bett in Nanjing. Ich habe es nicht näher untersucht
(wer weiß was ich dort für Schmutz gefunden hätte), aber den Liegekomfort könnte man etwa so umschreiben: Statt Matratze
ein Brett, darauf eine zwar weiche, aber nur 3 cm dicke Auflage und darüber das Leintuch. Nur damit Ihr so in etwa eine
Vorstellung habt…
Aber bevor wir uns da hinein "kuscheln", haben wir noch Hunger. Kurz vor dem Aussteigen aus dem Bus
hatte Dieter in einer Seitenstraße einen BurgerKing entdeckt. Es ist mittlerweile 21:30 Uhr und da würde man in keinem
chinesischen Restaurant mehr etwas bekommen. Die Chinesen sind absolute Früh-Esser. Frühstück weiß ich noch nicht,
Mittagessen gern schon um 11, aber der große Run um 11:30 und Abendessen allerspätestens um 18:30 Uhr, eher früher. Die
Restaurants sind ab 21:00 Uhr so gut wie leer, da die Chinesen auch nach dem Essen nicht gemütlich sitzenbleiben und
noch ein Gläschen trinken oder so. Nein, sie essen, zahlen und gehen nach Hause. Schön für's Personal, oder?
Wir jedenfalls ziehen uns noch echt amerikanisches Junk-Food rein und versuchen dann zu schlafen,
was nicht allen in dieser Nacht so recht gelingen mag.
Dienstag, 28.8. - Ab ans Meer
Nach einer harten Nacht, im wahrsten Sinne des Wortes, machen wir uns ohne Frühstück schon um 6 Uhr
ans Auschecken. Der Versuch, telefonisch 2 Taxen rufen zu lassen, scheitert diesmal nicht an der Sprachbarriere, sondern
daran, dass die Empfangsdame angeblich keine entsprechende Telefonnummer kennt und auch keine Anweisung vom Chef hat,
solche Telefonate zu führen. Aber man ist ja hilfsbereit, sie schickt einen Mitarbeiter zusammen mit uns an die
menschenleere Straße, wo er gemeinsam mit uns fast vergeblich auf Taxis wartet, die zu dieser frühen Stunde schlicht
noch nicht unterwegs sind. Endlich hält eins an, weigert sich aber uns zu fahren, weil er ja auf dieser Straßenseite in
die falsche Himmelsrichtung fährt und dann an der nächsten Kreuzung wenden müsse ????? Nein, das müssen wir nicht
verstehen. Aber wie immer haben wir doch noch Glück und es halten im Abstand von 5 Minuten 2 Taxen an und bringen uns
zum Hauptbahnhof. Bei Mc. Donald gibt's dann zuerst mal ein ordentliches Frühstück mit gutem Kaffee.

Diesmal haben wir doch tatsächlich Sitzplätze für eine Zugfahrt am Tag und nach etwa 3 Stunden
erreichen wir unser Ziel Qinhuangdao. Mein schlaues Handy verrät mir in Zusammenarbeit mit google-maps, dass Bus Nr. 9
uns ohne große Umwege zu unserem Hotel östlich des Bahnhofs bringen würde. Aber, als ob wir uns in Datong nicht schon
genug über Bauarbeiten und die damit verbundenen Straßensperrungen geärgert hätten, es breitet sich direkt vor dem Bahnhof
mal wieder eine riesengroße Baustelle aus. Wohl sind provisorische Wegweiser aufgestellt, die offenbar auf veränderte
Haltestellen der Buslinien hinweisen. Dummerweise gibt es da alles Mögliche zwischen 1 und 27, aber definitiv keine 9.
Die Straße nach Osten existiert momentan auch nicht wirklich, da ist eigentlich nur ein riesiges Loch.
Also laufen wir auf der Hauptstraße nach Süden und versuchen wieder einmal Taxis zu bekommen. Das Glück scheint uns wohl
gesonnen, denn wir steuern geradewegs auf einen Taxistand mit mehreren wartenden Autos zu. Meine Handynavigation verrät,
dass es 2,4 km zum Hotel sind, verdammt weit zu Fuß, aber für die wohlsituierten chinesischen Taxifahrer scheinbar keiner
Mühen wert. "Wegen Reichtum geschlossen!", so kommt mir das vor. Noch nicht einmal mit dem Angebot einen viel zu hohen Fixpreis
von 20,- Yuan zu bezahlen, können wir irgendeinen von ihnen zur Arbeit bewegen. Die schütteln alle nur mit dem Kopf
und widmen sich ihren Gesprächen mit den Kollegen.
Jetzt bin nicht nur ich stinksauer, auch die anderen haben so langsam die Faxen dicke. Es bleibt
uns aber nichts anderes übrig als die 2,4 km zu Fuß zu gehen. Etwa nach der halben Strecke macht Julias Koffer schlapp,
die Rollen sind total heißgelaufen und wollen sich nicht mehr weiterdrehen. Auch Patrics Koffer hat ähnliche Probleme.
Wir legen eine Pause ein, um die Rollen abkühlen zu lassen. Ich fühle mich wie im falschen Film, das darf doch alles gar
nicht wahr sein! Und auf uns wartet wiederum ein sehr chinesisches Hotel, dessen "innere Werte" möglicherweise ähnlich
grauslig sind wie letzte Nacht… Mein Launepegel sinkt mal wieder ganz weit unter Null. Als wir unseren Marsch fortsetzen,
dauert es dann auch nicht lange bis Patrics erste Kofferrolle auch aufgibt. Während Pascal sich mit Julias Koffer noch so
halbwegs schleifend abmüht, hängt Patric sich sein Reisegepäck mithilfe eines Kofferbands so um den Hals, dass er nicht
das ganze Gewicht mit den Armen tragen muss.
Wenigstens sind wir auf dem richtigen und auch kürzesten Weg und erreichen endlich unser
pyramidenförmiges Hotel. Nein so sieht es nur auf geschickt gemachten Fotos aus, in Wirklichkeit hat es einfach nur
eine dreieckige Front, aber senkrecht nach oben. Unsere Reservierung liegt vor, das Einchecken dauert zwar, aber die
Dame spricht ganz gut Englisch. Und auch unsere Zimmer sind ok, kein Luxus, aber Betten mit nachgebenden Matratzen,
insgesamt sauber und auch funktionsfähig - mal abgesehen von unserem Duschkopf, der ständig nach unten abnickt.
Zur Lagebesprechung treffen wir uns in unserem Zimmer und ich gestehe meiner Familie, dass ich
- nachdem ich die gesamte Reise organisiert und mich um alles alleine gekümmert habe - wirklich ausgesprochen froh wäre,
wenn ich mal einfach nur hinterher trotten dürfte und jemand anderes sich den Hut des Reiseleiters aufsetzen könnte.
Und mein Wunsch wird erhört. Die Kinder versprechen, sich um alles Weitere zu kümmern und schlagen vor, heute an den
Strand zu fahren zwecks Erholung und weil die Sonne auch nicht gar so brennt. Daraufhin verschwinden sie mitsamt Stadtplan.
Zur vereinbarten Zeit treffen wir uns in der Lobby, mit Badesachen und Sonnencreme bewaffnet.
Die Kids berichten, dass wohl nur eine der Damen an der Rezeption Englisch kann, nach unserem
Einchecken aber schon Feierabend hatte. Nun durften sie sich in reinster Zeichensprache mit den anderen "unterhalten"
um ein paar grundlegende Informationen zu ergattern. Aber es ist ihnen offenbar gelungen. Wir steigen direkt vor der
Hoteltür in den Bus Nr. 9 ein, der uns binnen 15 Minuten ins Stadtzentrum bringt, wo wir erstmal ganz Bestle-stilecht
bei Mc. Donald zu Mittag essen. Dann nehmen wir einen anderen Bus und fahren eine gute halbe Stunde stadtauswärts.
Patric hält eisern den Stadtplan in der Hand und verfolgt unsere Busroute. An einem Punkt x rufen unsere jungen
Reiseleiter zum Ausstieg und tatsächlich ist ein Badestrand nur wenige hundert Meter von der Bushaltestelle entfernt.

Das Verblüffende an diesem Strand: Er ist NICHT überfüllt, man fasst es kaum. Wir sind weit und
breit die einzigen Nicht-Chinesen und werden natürlich dementsprechend neugierig beobachtet. Diese vielen Blicke
verstärken meine "keine-Lust-auf-Baden-Einstellung", weil ich auch nirgends so was wie Umkleidekabinen entdecken kann.
Dieter hält's genauso. Wir legen uns einfach faul in Straßenklamotten in den Sand. Die Kinder sind da weniger genierlich
und ziehen sich mithilfe von Handtüchern in aller Öffentlichkeit um - und ab geht's ins Wasser des Golfs von Bohai im
Gelben Meer. Das Badevergnügen wird von reichlich Unrat ziemlich getrübt, aber was den Chinesen nicht umbringt… Nach
dem Plantschen widmen die Jungs sich ihrem neu erworbenen Federballspiel und Julia gammelt mit der "Kompostfraktion" im
Sand und liest. Da der Himmel bedeckt ist und die Sonne daher weniger garstig brennt, halten selbst wir Blondschöpfe es
mehrere Stunden so aus. Bei Olympia waren die Chinesen ja ziemlich gut im Badmington und die Ausrüstung, respektive
Federballspiele werden auch in vielen Supermärkten angeboten. Trotzdem sind meine Jungs DIE Attraktion am Strand.
Gebannt schaut man ihnen bei ihren Ballwechseln zu. Ob das nun an ihrer Kunstfertigkeit des Spiels liegt, an der
freiwilligen sportlichen Aktivität als solches oder an ihren blonden Haaren, das werden wir wohl nie erfahren…


Wir Mädels "müssen" dann mal und die Pixi-Klos am Strand üben keinerlei Anziehungskraft auf uns
aus. Also überreden wir die ganze Familie zu einem Café-Besuch, der letztlich auf der Strand-Terrasse des nahegelegenen
Holiday-Inn Seaview stattfindet. Zugegeben, die "Toilettengebühr" in Form von 5 Getränken ist nicht zu vernachlässigen,
aber wir finden dafür auch ein sehr gepflegtes Örtchen. Wir sind die einzigen Gäste auf der Terrasse und sitzen sehr
gemütlich.
Schließlich machen wir uns auf den Rückweg zur Stadt. Wunschgemäß kommt der Bus und bringt uns
nach downtown. Dort eröffnen wir die Suche nach einem neuen Koffer für Julia, denn schließlich liegen noch einige
Kilometer Fußmarsch vor ihr bis zur Wohnung in Stuttgart, total zwecklos mit einem Nicht-Rollen-Koffer. Patric weigert
sich eisern, er verlässt sich darauf, dass wir irgendwo eine kleine, billige Sackkarre kaufen können, auf die er seinen
demolierten Koffer draufschnallen kann.

Zum Abendessen steht heute Pizza-Hut auf dem Programm. Nach der letzten Pizza-Enttäuschung in
Datong haben wir uns endlich mal wieder das Original inclusive ordentlichem Pitscher verdient. Aber so ein Essen zu fünft
in einem so beliebten Restaurant muss man sich hierzulande hart erarbeiten. Vor dem Eingang lauert bereits eine nicht
unerhebliche Warteschlange, nein keine Schlange, eher ein Knäuel. Da er keine Systematik, eher das Vorrecht des Frecheren
zu erkennen glaubt, schlängelt Patric sich geschickt ganz nach vorne zu der Dame, die Nummern verteilt. Mit Zeichensprache
macht er ihr klar, dass wir zu fünft einen Tisch haben möchten. Sie scheint zu verstehen und wir warten geduldig, sehr
geduldig…. mit seeeehr viel Geduld… Leute, die ganz klar nach uns kamen, dürfen vor uns rein, das könnte aber auch daran
liegen, dass sie nur 2 oder 3 Plätze brauchen. Wir 5 werden auf eine harte Probe gestellt, aber letztendlich, etwa 40
Minuten später bekommen wir endlich einen Tisch. Mal wieder sind Teile der Familie nach der ersten Bestellung noch nicht
so ganz satt. Die spindeldürren chinesischen Kellnerinnen tuscheln und amüsieren sich köstlich als wir nochmal nachordern.
Eine für unsere "vollschlanke" Familienmehrheit etwas unangenehme Beobachtung muss ich allerdings noch mit Euch teilen:
Es gibt ja nicht besonders viele dicke Chinesen so allgemein und überhaupt. Aber just hier bei Pizza-Hut oder auch bei
Mc. Donalds ist die Anzahl der richtig dicken Kinder erschreckend hoch, da könnte man schon einen Zusammenhang mit den
Essgewohnheiten vermuten.
Nach dem leckeren Abendessen scheitert unser Versuch mit dem Bus Nr. 9 auch wieder ins Hotel
zurück zu kommen einfach daran, dass selbiger seinen Betrieb schon längst eingestellt hat. Also müssen wir zähneknirschend
doch noch den Taxifahrern, die genau aus diesem Grund bereits an der Bushaltestelle lauern, ein Geschäft vermitteln.
Eigentlich wollte ich diese Zunft in Qinhuangdao ja boykottieren, aber irgendwie haben die gerade die besseren Karten.
Mittwoch, 29.8. - Shanhaiguan, die Mauer am Meer
Patric verschläft das Frühstück und wir müssen leider eingestehen, dass er damit NICHTS verpasst
hat. Entgegen aller Versprechungen im Internet und auch auf Plakaten im Aufzug, hat dieses Frühstück außer Toastbrot und
Butter nun wirklich überhaupt nichts von "western style". Es gibt keinen Kaffee oder Tee und auch keinen Saft, sondern
zum Trinken nur Sojamilch oder schlabbrige Reissuppe. Zum Essen kann man ein Nudelgericht, Hefeklöße (Dumplings) mit
undefinierter Füllung oder Melonenscheiben wählen. Daneben gibt es Toast ohne Toaster nebst Butter, die man in Ermangelung
eines Messers mit dem Stäbchen auf das Toast streichen muss. In Tee eingelegte, hartgekochte Eier, deren Schale durch
diese Behandlung äußerst unappetitlich braun verfärbt ist, sind gar nicht so schlecht wie sie aussehen. Salz gibt's auch
nicht, aber nachdem wir der Bedienung die chinesische Übersetzung auf dem Handy präsentieren, bringt sie uns umgehend
eine Untertasse voll. Die freundliche Anfrage nach Kaffee jedoch verneint sie schlicht und ergreifend.
Unser heutiges Ziel heißt mal wieder Chinesische Mauer, diesmal aber nicht wie sie sich malerisch
durch bergige Landschaft schlängelt, sondern wie sie quasi im Meer versinkt oder aus selbigem aufsteigt - ganz wie man es
sehen will. Ich weiß nicht, wo mit dem Bau der Mauer begonnen wurde, wahrscheinlich an vielen Stellen gleichzeitig, immer
da wo der mongolische Feind gerade besonders aufdringlich wurde.
Die Kinder haben auch zu diesem Ziel eine Busverbindung ausfindig gemacht. Wie in Peking, so sitzt
auch hier in den Bussen im hinteren Teil eine Fahrkartenschaffnerin. Ihr machen wir mithilfe des Stadtplans begreiflich,
wo wir hin wollen und sie berechnet daraus den entfernungsabhängigen Fahrpreis, so dass uns die knapp 20 km pro Person
immerhin 3,- Yuan kosten. Der Bus ist gut gefüllt, wir begnügen uns mit Stehplätzen. Wenn vorne jemand einsteigt, kann er
dort nur seine Zeitkarte scannen. Zum Erwerb eines Einzelfahrscheins reicht er das Geld quer durch den Bus zur Schaffnerin
durch, brüllt sein Fahrtziel hinterher und auf demselben Hand-zu-Hand-Rückweg bekommt er sein Wechselgeld und den
Fahrschein zugestellt. Selbstverständlich reihen auch wir uns in diese Durchreich-Kette ein und ernten freundliches
Lächeln und viele (vermutlich) nette Worte der Chinesen.
Nahe unseres Ziels macht uns die Schaffnerin auf's Aussteigen aufmerksam. Mehr als eine grobe
Himmelsrichtung zum Meer hin haben wir nicht, keine Ahnung was genau uns erwartet, ob wir die Mauer schon direkt vor uns
sehen können oder nur ein Fort oder einen Park. Genau diese Unwissenheit will man ausnutzen, als wir der langen Straße mit
vielen Parkplätzen folgend am ersten Schalter für Eintrittskarten ankommen. Wir weisen auf ein Bild der Mauer am Meer auf unserem Stadtplan hin und
die Dame nickt heftig mit dem Kopf, so dass wir vermuten, dass die Anlage bereits hier beginnt, angeschrieben ist alles
nur in Chinesisch. Eine junge Frau, vielleicht auch eine Touristin, hält uns davon ab, hier Tickets zu kaufen, indem sie
auf das Foto zeigt, den Kopf schüttelt und eine große Armbewegung weiter Richtung Meer macht. Wir danken ihr für den
Hinweis und erkennen, dass dieses Ticketoffice wahrscheinlich nur zu einer Tempelanlage o.ä. gehört, die mit der Mauer
noch gar nichts zu tun hat.
Also laufen wir in sengender Hitze weiter und lechzen nach Schatten. Ein junger Chinese, dessen
Umhängeschild mit Namen und Stempel ihm zumindest ein bisschen was "offizielles" verleiht, gesellt sich zu uns und weist
uns mehrfach den Weg, den wir aber auch ohne seine Hilfe finden würden. Wir vermuten, dass er sich als Tour-Guide anbieten
möchte und später um Bezahlung bitten wird. Unsere Versuche, ihm begreiflich zu machen, dass wir seine Hilfe nicht
möchten, zumal er kein Wort Englisch versteht, laufen ziemlich ins Leere. Ich versuche ihn abzuschütteln, indem ich
erstmal sehr gelassen Getränke an einem Stand kaufe, aber er bleibt an unseren Fersen haften. Den Eingang zum Fort und
zur Mauer finden wir und werden von dort aus zum gegenüberliegenden Ticketoffice geschickt. Dort akzeptiert man mal wieder
die Studentenausweise der Kinder, was nicht überall der Fall ist. Mit 120,- bzw. 90,- Yuan gehört dieser Mauerabschnitt
nicht gerade zu den Schnäppchen der chinesischen Scenic-Areas. Wir bekommen pro Person 2 Kärtchen, von denen am Eingang
jeweils eins entwertet wird. Diesem Umstand schenke ich weiter keine Beachtung, mir geht eher unser anhänglicher
Jung-Chinese auf die Nerven. Nach 5 Minuten Fußweg gelingt es mir endlich, ihm unmissverständlich klar zu machen, dass
wir zu fünft sind und auch zu fünft bleiben wollen, er trollt sich…

Zuerst gelangen wir in eine befestigte Anlage, ein Fort, das anno dazumal als bemannter
Verteidigungsposten dieses Mauerabschnitts diente. Es ist großzügig angelegt, aber wegen fehlender englischer
Erläuterungen kommen wir z.B. nicht dahinter was es mit dem gemauerten Labyrinth auf sich hat. Wir genießen vor allem
den Schatten, den die Anlage stellenweise bietet, es ist wirklich mal wieder unerträglich heiß. Schließlich gelangen wir
auf den Teil der großen Mauer, die ins Meer hineinragt. Dort gibt es dann doch ein paar englische Hinweistafeln aus denen
wir lernen, dass bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts hier alles dem Verfall preisgegeben war und kaum etwas übrig
ist von der originalen Architektur. Anhand alter Zeichnungen wurde dann aus den Trümmern zusammen mit neuen Steinen wieder
aufgebaut. Wenige Originalformationen werden extra durch Glaswände geschützt.


Auf diesem Bild sieht man in Julias Hintergrund einen Wald. Wir hoffen, dass wir dort einen
schattigen Weg finden, um unseren Rundgang fortzusetzen. Ist aber leider nicht, da geht's nur quer-wald-ein, wir müssen
wohl oder übel in der prallen Mittagssonne am Strand entlang marschieren. Julia findet die Schnellboottouren, die am
Strand angeboten werden, interessant. Aber für ein 5 Minuten-Vergnügen einmal husch raus auf's Meer und genauso schnell
wieder zurück gibt eine schwäbische Familie doch keine 60,- Yuan pro Person aus, neeeee is nich! Also latschen wir weiter
in der Sonne. Endlich biegt der Weg dann doch in den Wald hinein ab und wir finden auch ein schattiges Sitzplätzchen in
einer Art Restaurant. Dort gibt's erstmal was Kaltes zu trinken. Die angebotenen Speisen sind nicht so unser Ding, zumal
um die Fleischspieße herum arg viele Fliegen unterwegs sind.

Und wie wir da so rumsitzen, räume ich meine Taschen aus und Julia meint in dem einen Teil unserer
Eintrittskarten genau die 60,-Yuan teuren Boot-Fahrkarten wieder zu erkennen. Na das wäre ja ein Ding: Erst verkaufen sie
uns, ohne zu fragen, diese Bootstour gleich mit (es waren auch wirklich nur die Preise von 120,- bzw. 90,- Yuan
ausgeschildert) und dann hätten sie uns wohlmöglich genau die gleichen Fahrkarten am Strand nochmal für teuer Geld
angedreht. So, nun wendet sich der Schwaben-Geiz natürlich in die andere Richtung: "Was zahlt isch wird au g'esse":
Verfallen lassen wir NIX! So schrecklich wir den sonnigen Strandweg auch gerade fanden, wir müssen zurück, zumindest ein
paar von uns. Dieter und Patric sind beide nicht besonders fit heute, also ziehen Julia, Pascal und ich nochmal los.
Und tatsächlich: Gegen Abgabe von 3 dieser Tickets bietet man uns wunderhübsche orangene Rettungswesten und 3 Plätze
im Schnellboot an. Dank des Fahrtwinds ist es unterwegs auch überhaupt nicht heiß und es macht Spaß. Da ja noch 2 Tickets
übrig sind, drehen Julia und Pascal gleich noch eine zweite Runde, während ich mich schon auf den Rückweg zu den anderen
mache. Diesmal dauert die Fahrt etwas länger, denn mitten auf dem Wasser beginnt der Bootsmann sein Gefährt aus einem
Kanister heraus aufzutanken. Da naturgemäß alles schwankt und schaukelt und er sinnvollerweise auch keinen Trichter
verwendet, gießt er so manchen Liter Benzin daneben, ab ins Meer, was ihn aber offenbar überhaupt nicht stört. Das
mit dem Umweltbewusstsein ist in China definitiv noch sehr unterentwickelt.
Im Anschluss machen wir uns auf den Rückweg zur Stadt. Das mit der Busverbindung klappt wiederum
prima und wir gelangen problemlos in die schon bekannte Innenstadt von Qinhuangdao. Nach einem kleinen Imbiss kümmern wir
uns um einen neuen Koffer für Julia, diesmal im Kaufhaus nebendran und dort sind die Preise viel niedriger. Während
andere Kunden beim Kofferkauf gerne das Innenleben, die Einteilung des Reisegepäcks begutachten und evtl. noch die
Reißverschlüsse und das Gestänge zum Ziehen ausprobieren, stürzen unsere Jungs sich bei jedem Koffer der passenden
Größe direkt auf die Rollen und bemühen sich, deren Qualität und voraussichtliche Haltbarkeit zu beurteilen. Auch
dieses Kaufhaus besteht aus lauter kleinen Einzelabteilungen mit ähnlichem Angebot und eigenen Kassen. Die anderen
Verkäuferinnen beobachten unser Tun bereits neugierig und drehen ihre Koffer alsbald schon auf den Kopf, wenn wir uns
nur nähern. Schließlich entscheidet sich Julia für einen und wir fahren mit dem Bus zurück ins Hotel.
Zum Abendessen geht’s nochmal zurück nach „downtown“, die Familienmehrheit spricht sich für einen
erneuten Besuch bei Pizza-Hut aus. Aber diesmal „schleichen“ wir uns von der anderen Seite, aus dem Einkaufszentrum heraus
an. Und siehe da: keine Warteschlange! Wir bekommen unverzüglich einen Tisch und bestellen diesmal gleich ein bisschen
mehr, damit auch wirklich alle satt werden ohne dass das Personal eine Gelegenheit zum Kichern bekommt. Am Nebentisch
nimmt eine offensichtlich wohlsituierte chinesische Familie mit einem etwa 3-jährigen Sohn Platz. Der Junge ist
ununterbrochen am nöhlen und nörgeln, man muss ihn einfach gern haben… Die Eltern bestellen mehrere Gänge und wir
fragen uns schon, wie sie das wohl alles in ihren 3 schlanken Körpern unterbringen wollen. Zu unserem Amüsement kümmern
sich beide Elternteile eigentlich nur um den kleinen süßen Nichtsnutz. Der sitzt mit miesepetrigem Gesicht am Tisch, die
Hände unter dem Tisch, während Mami und Papi ihm abwechselnd etwas in den Mund schieben, was er entweder kaut und schluckt
oder schlicht ausspuckt. Ohne eine Miene zu verziehen, fahren die Eltern fort, ihren Stammhalter zu füttern, mit mehr oder
weniger Erfolg. Als der Teller vor dem Kleinen voll ist mit Ausgespucktem, nimmt Mutti diesen beiseite und stellt ihm den
nächsten Abfallteller hin. Irgendwann mag Söhnchen gar nichts mehr, da nehmen die Eltern selbst noch jeder ein paar Gabeln
voll, solange bis der Thronfolger anfängt zu brüllen, weil ihm langweilig ist. Daraufhin zahlt Papi unverzüglich und die
Familie zieht von dannen, den Kleinen selbstverständlich auf dem Arm tragend. Kein Kommentar!
Wir tragen unsere kleinen Lieblinge jedenfalls nicht nach Hause, aber wir gönnen ihnen ein Taxi,
ist doch auch schon was, oder? Im Hotel setzen wir uns noch eine Weile bei uns im Zimmer zusammen, leeren eine Flasche
Wein und plündern unsere Nasch-Vorräte.
Donnerstag, 30.8. - am Strand von Beidaihe oder auch nicht
Auf das chinesische Frühstück im Hotel verzichten wir dankend und schlafen dafür lieber etwas
länger. Julia ist mit ihrem neuen Koffer sehr zufrieden und konnte problemlos all ihr Gepäck darin unterbringen. Den alten
geben wir einfach beim Check-Out an der Rezeption ab, wer weiß, vielleicht findet sich jemand, der noch was mit einem
Nicht-Rollen-Koffer anfangen kann. Das telefonische Anfordern eines Taxis funktioniert hier auch nicht, wir stehen also
erneut an der Straße und müssen uns 2 Taxen heranwinken, die aber recht zügig nacheinander kommen. Mit unserem heutigen
Fahrtwunsch dürfen die Taxifahrer auch durchaus zufrieden sein: Rund 20 km entfernt liegt der Bahnhof von Beidaihe. Dank
des dichten Verkehrs brauchen wir rund 30 Minuten, obwohl es teilweise über Land geht. Auch dieser Bahnhof ist sehr groß
und modern. Wir wollen dort unser Gepäck einschließen, um den Tag am Strand zu verbringen, der Zug geht erst gegen 18:00 Uhr.
Auf den ersten Blick können wir keine Schließfächer oder eine Gepäckaufbewahrung entdecken, also wenden wir uns
zuversichtlich an die Information in der Mitte der Halle. Die Dame dort versteht leider nur Bahnhof, zumindest auf
Englisch, auch mit Zeichensprache kommen wir in diesem Fall nicht weiter. Aber draußen hatte ich eine in Englisch
beschilderte "Tourist Information" gesehen, da spricht man garantiert Englisch und wird uns sicher weiterhelfen…
Falsch gedacht: Dort ist wirklich alles hübsch in Englisch ausgeschildert, alles außer den Informationen. Es gibt weder
eine fremdsprachenbegabte Person noch irgendeinen nicht-chinesischen Prospekt. So was ärgert mich! Ich erwarte überhaupt
nicht, dass man in der chinesischen Provinz englisch spricht. Es ist und bleibt mein Fehler, dass ich die Landessprache
nicht beherrsche. Aber wenn die Stadt sich die Mühe macht ein Tourist-Office rundherum mit teurer Leuchtschrift in
Englisch zu beschriften, dann darf ich als ausländischer Tourist doch wohl annehmen, dass in dieser "Verpackung" auch so
viel Englisch drin ist wie draufsteht.
Also kehre ich ohne neue Erkenntnisse zur Familie zurück. Wir starten einen neuen Versuch an der
Bahnhofsinfo. Diesmal spricht mich eine andere Kundin, eine ältere Chinesin auf Französisch an, ob sie uns vielleicht
weiterhelfen kann. Ja, prima! Direkt von Englisch auf Französisch umschalten fällt mir zwar etwas schwer, aber es gelingt
mir, ihr unseren Wunsch klar zu machen. Sie übersetzt auf Chinesisch und gibt uns die Auskunft: "Sicherlich gibt es eine
Gepäckaufbewahrung im Bahnhof, aber nicht hier im ersten Stock, wahrscheinlich im oberen Stockwerk." Nun ja, das ist
besser als nichts, aber eine klare Aussage wäre uns schon lieber gewesen. Da wir jedoch wissen, dass der Chinese eher
eine falsche Auskunft gibt als gar keine, wundern wir uns nicht allzu sehr über "sicherlich" und "wahrscheinlich". Die
Jungs stürmen ins obere Stockwerk, jeder in eine andere Richtung. Mit enttäuschten Gesichtern kehren sie zurück, nichts
gefunden! Nun sind wir extra nach Beidaihe gekommen, weil dies ein sehr bekannter Urlaubs- und Badeort für den
aufblühenden chinesischen Tourismus ist und nun das! Wir können ja schlecht mit all dem Gepäck im Schlepptau an den
Strand gehen. Also beschließen wir kurzerhand, dass nur die Kinder ans Meer fahren, während Dieter und ich beim Gepäck
bleiben und den Tag im Bahnhof verbringen. Klingt jetzt irgendwie nach "großem Opfer", ist aber gar nicht so. Klar hätten
wir uns das Strandleben auch gerne angesehen, aber bei der Auswahl zwischen Rückenschmerzen inclusive Sonnenbrand nach
stundenlangem Sitzen im Sand einerseits und schattigem Sofa mit Tisch im klimatisierten Bahnhof andererseits empfinde
ich letzteres ganz und gar nicht als Strafe, man wird halt älter!
Also ziehen die Kinder voller Vorfreude von dannen, Dieter und ich nisten uns gemütlich im
ausgesprochen angenehm gestalteten Wartebereich ein. Es dauert keine Minute bis eine Bedienung erscheint und uns darauf
aufmerksam macht, dass man hier nur sitzen darf, wenn man etwas bestellt. Ok, auch damit kann ich problemlos leben.
Dieter hat -wie immer- etwas zu arbeiten dabei, eine Doktorarbeit zur Korrektur ist es diesmal. Ich zücke mein Strickzeug
und die Stunden vergehen langsam aber sicher.
"Chinesen gucken" ist ja auch ein netter Zeitvertreib. Immer wieder machen es sich Reisende auf
den Sofas gemütlich, solange bis die Bedienung angehuscht kommt mit dem Verzehrpflicht-Hinweis. Das Angebot ist einerseits
recht bescheiden und andererseits teuer für chinesische Verhältnisse, so dass die allermeisten auf's Bestellen verzichten
und sich lieber auf der anderen Seite der Halle auf die weniger bequemen Edelstahlbänke setzen. An uns verdient sich das
Restaurant auch keine goldene Nase, wir alten Geizkragen nuckeln 6 Stunden lang am ersten Getränk rum. Das Bahnpersonal
genießt offensichtlich eine Sonderstellung. In der Mittagszeit, also ab 11:30 Uhr kommen immer wieder kleine Grüppchen in
Uniform, setzen sich an die Tische und verzehren ihr mitgebrachtes Mittagessen in aller Gemütsruhe. Und dann gibt's da
noch die "Dicken". Keine Ahnung, was es mit diesen etwas unsympathisch wirkenden Herren auf sich hat. Es sind 4 oder 5,
alle nicht gerade schlank, kein Gepäck, dafür laufend am Handyfonieren und die T-Shirts oberhalb der nackten Wampe
zusammengerollt. Die kommen und gehen die ganze Zeit, legen sich zwischendurch auch mal schnarchend auf die Sofas.
Mehrfach versucht die Bedienung, auch mit Verstärkung einer zweiten Kellnerin, diese Herren mit der Speisekarte in
der Hand zu einer Bestellung zu bewegen, nach kurzem, nicht eben freundlich klingendem Gespräch ziehen sie aber wieder
erfolglos ab. Gibt's in China auch eine Mafia?
Am frühen Nachmittag mache ich aus lauter Langeweile mal einen Rundgang durch den Bahnhof. Der ist
wirklich sehr groß und übersichtlich. Überall sind die verschiedenen Schalter oder Türen mit international verbreiteten
Piktogrammen bezeichnet, auch mehrere Restaurants und kleine Lädchen gibt es. Im oberen Stockwerk sehe ich eine Tür, die
NUR in chinesischen Lettern beschriftet ist und sie steht offen: Sie führt in einen Raum mit Regalen ringsherum, in denen
Koffer liegen, mittendrin 2 Frauen, die offenbar die Koffer bewachen. Das ist sie, die Gepäckaufbewahrung! Aber wenn heute
Vormittag die Tür verschlossen war, hätte Patric wirklich keine Chance gehabt das zu erkennen, so ein Mist! Doch jetzt
lohnt es sich schon nicht mehr für uns auch noch an den Strand zu fahren. Die Busfahrt dauert mindestens 40 Minuten
einfache Strecke und dann kommen wir grad rechtzeitig, um gleich wieder umzukehren Richtung Bahnhof. Also bleiben wir wo
wir sind. Die Kinder kommen pünktlich zurück und haben offenbar einen sehr schönen Badetag verbracht. Für wenig Geld
konnten sie sich nach geschicktem Verhandeln einen Sonnenschirm mit Liegen mieten und sowohl Strand als auch Wasser waren
angenehm sauber und nicht überfüllt.

Nach gut 2 Stunden Zugfahrt erreichen wir mal wieder Peking, der uns so vertraute Hauptbahnhof!
Wir kennen uns ja inzwischen einigermaßen aus und wissen, dass man nach 20:00 Uhr kein chinesisches Restaurant mehr suchen
muss, sondern sich gleich auf die diversen amerikanischen Botschaften stürzen sollte. Heute Abend ist es Mc Donald. Alle
Tische sind besetzt, aber ein Teil des Restaurants ist bereits geputzt und abgeschrankt. Da kennt Dieter kein Pardon,
diskutiert per Zeichensprache mit der Putzfrau herum und nimmt schlicht fünf Plätze hinter der Abschrankung in Beschlag.
Sie läuft verärgert zum Chef, aber der gibt Dieter recht. Wenn eine chinesische Familie diesen geputzten Bereich aufgesucht
hätte, dann müsste die Putzfrau anschließend wirklich nochmal von vorne anfangen, denn beim Essen sind die Chinesen echt
Schweine, das muss man einfach mal so sagen. Gerade in den Fast-Food-Tempeln fällt ja ziemlich viel Abfall an und auch
die Burger lösen sich doch gerne mal in ihre Bestandteile auf, wenn man nicht aufpasst. Das Ketchuptütchen, die
Gurkenscheibe, die schmutzige Serviette, der nicht benutzte Strohhalm und die Tüte von den Pommes landen garantiert auf
dem Boden, denn der Tisch soll ja einigermaßen sauber bleiben. Es ist uns ein Bedürfnis, der Putzfrau das "deutsche"
Gegenteil zu beweisen. Also achten wir ganz besonders darauf, dass wir nicht kleckern, wischen den Tisch mit Servietten ab,
sammeln die Brösel auf dem Tablett, räumen dieses selbständig beiseite und stellen auch noch die Stühle wieder hoch auf
den Tisch. Die Gute traut ihren Augen kaum und kann sich ein freundliches Lachen nicht verkneifen als wir uns höflich von
ihr verabschieden.
Für diese letzte Nacht zu fünft haben wir uns abermals im Holiday-Inn am Olympiazentrum eingemietet.
An der Rezeption freut man sich über unsere Rückkehr. Wir verbringen diesen letzten gemeinsamen Abend mal wieder in
unserem Zimmer, wo Pascal seine vielen Fotos auf Patrics Computer lädt, von dem ich sie mir dann später wiederum
herunterladen kann. Wir sind zwar traurig, dass Julia und Pascal uns morgen schon verlassen müssen, aber insgesamt war
es für alle ein gelungener Abenteuerurlaub, den man wegen der diversen Anstrengungen und Aufregungen auch nicht endlos
fortsetzen möchte.
Freitag, 31.8. - erster Abschied
Nach einem ausführlichen Frühstück im Hotel trennen sich unsere Wege in der S-Bahnstation. Julia
und Pascal fahren mit Linie 10 Richtung Flughafen, Patric, Dieter und ich nehmen Linie 8, weil Patric gerne auch noch die
olympischen Gebäude 2 Stationen weiter nördlich besuchen möchte. Mit dem Wissen, dass meine Lieben rund 8000 km Flug vor
sich haben und wir uns erst zu Weihnachten wiedersehen werden, muss ich schon schwer schlucken, um nicht in Tränen
auszubrechen, aber noch ist Patric ja mein Trostpflaster.
Unser halber Tag in Peking verläuft völlig unspektakulär. Mit der S-Bahn fahren wir schließlich
zum Südbahnhof, wo unser Nanjing-Zug pünktlich startet und uns gut 1000 km weiter südlich in unsere derzeitige Heimatstadt
bringt. Dieser Zug ist ausnahmsweise mal halb leer. Ich nutze die Gelegenheit für ein paar Fotos in der Business-Class:
Nur 3 dieser Super-Bequem-Sitze pro Reihe und am Ende des Abteils eine richtige kleine Küche mit Kühlschrank und
Microwelle. Diesen Luxus bekommt man auf unserer Strecke für 1350,- Yuan, also 165,- €. In Deutschland käme man auf
219,- € für die wesentlich weniger luxuriöse 1. Klasse für 700 km in einem halb so schnellen Zug (München-Hamburg in
6 Stunden), und dann hätte man noch mindestens 30 Minuten Verspätung, oder hat sich inzwischen irgendwas verändert bei
der Deutschen Bahn? Aber wir wollen es mit dem Luxus ja nicht übertreiben und reisen "nur" in der 1. Klasse…

Auf dem Heimweg zur Wohnung kaufen wir noch in "unserem" Suguo ein paar Lebensmittel für die
folgenden Tage ein, 2 Tage mal wieder Selbstversorger zu sein, erfüllt mich mit Freude, irgendwann hat man das viele
Restaurantessen auch mal satt.
Zuhause richten wir Patrics Bett im Büro her und sind nicht schlecht erstaunt als wir die kleine,
unbedachte Besonderheit unseres Schlafsofas entdecken: Die Sitzfläche wird in drei Teilen auseinandergezogen, bestimmt
kennt Ihr alle solche Einfach-Sofas? Der chinesische Konstrukteur dieses Sitz- und Schlafmöbels hat bestimmt nie versucht
darauf zu schlafen, sonst wäre ihm aufgefallen, dass es ziemlich unbequem ist, wenn das hintere, untere Sofateil aus
blankem Holz besteht, während die beiden anderen wie erwartet aus Schaumstoff gearbeitet sind. Aber unser Patric ist ja zäh.
Er beteuert eisern, dass ihm das überhaupt nichts ausmacht, er sei es auch gewohnt zuweilen auf dem blanken Boden zu
schlafen.
weiter zur 8. Woche
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