Zurück in China...

Nach unserem letzten Langzeit-Aufenthalt anno 2012,
ist es echt schön wieder hier zu sein, ABER...

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...die Sache mit dem zensierten Internet...

Schon bei der Vorbereitung unseres erneuten Nanjing-Aufenthalts mussten wir feststellen, dass google mit Hilfe eines VPN-Tunnels zwar in China nutzbar sein würde, ABER da google sich bereits 2014 aus China zurückgezogen hat, sind die verfügbaren Infos natürlich ganz und gar nicht up to date, zumindest wenn es um chinesische Inhalte oder google maps in China geht. So kennt google maps weiterhin nur 2 Metrolinien in Nanjing, tatsächlich sind es heute 10 Linien.

Zum Glück gibt es ja noch andere Landkarten-Dienste, die auch in China funktionieren - MapsMe ist so eine Alternative, ABER das Programm ist wesentlich unklüger als google maps. Kaum eine Straßenbezeichnung in Nanjing ist auffindbar.

Wenn ich z.B. die "Shanghai Road" oder "Shang Hai Lu" in Nanjing suche, eine der Hauptstraßen der Stadt, wird mir der Autobahnring Nanjing angeboten oder als Alternative die Stadt Shanghai, letzteres aber gleich mit dem Hinweis, dass ich dafür erstmal die Karte wechseln muss und eine Routenführung über Provinzgrenzen hinaus nicht möglich ist. Orte wie Flughafen oder Bahnhof hingegen findet MapsMe gut und schnell. Aber in den meisten Fällen suche ich nach einer Adresse oder einem Geschäft, da gibt MapsMe leider auf.

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Mit Moovit hatten wir in verschiedenen Ländern schon gute Erfahrungen gemacht. Und tatsächlich kennt diese App sich auch ganz hervorragend mit den Bussen und Bahnen in Nanjing aus, ABER leider spuckt sie die Ergebnisse ausschließlich in chinesischer Schrift aus, außer den Nummern der S-Bahnen kann ich also nur schwerlichst etwas entziffern, dabei wäre es schon irgendwie nett zu wissen, an welcher Station man umsteigen soll.

Schöne Karten - bei gutem Internetempfang - bietet auch die offizielle website der Nanjing Metro in englisch, ABER hier der Nachteil, dass sie keine Busse kennt und man nur zwischen S-Bahn-Stationen navigieren kann, nicht vom aktuellen Standort aus oder zu einem bestimmten Punkt auf der Karte.

Im Vergleich zu 2012 sind die vorhandenen Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs zwar deutlich besser geworden, aber für Nicht-Chinesen ist es heute viel schwieriger, sich damit zurecht zu finden.

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Für unsere Sicherheit wird aber flächendeckend gesorgt: JEDE Metrostation hat an sämtlichen Zugängen solche Sicherheitsschleusen mit mindestens 2 Beamten besetzt, wo man all sein Gepäck, Handtaschen, Einkäufe durchleuchten lassen muss.

Unter tags ist das meist kein Problem, aber zur Rush-Hour oder am Hauptbahnhof bilden sich da so richtig lange Schlangen, wo man gut und gerne 5 Minuten ansteht. Unsereins als Touri bzw. kaum gestresster "Expat" steckt das locker weg, wenn du aber einen Zug erreichen willst oder dein Kind pünktlich irgendwo abholen sollst, kann diese Extra-Hürde ganz schön nerven.

 

...die Sache mit dem Englisch...

In 2012 bereitete sich die Stadt voller Enthusiasmus auf die Jugendolympiade 2014 vor. Um dem internationalen Publikum und Teilnehmerfeld gerecht zu werden, war offensichtlich sehr viel Information im Stadtbild in englischer Sprache und lateinischer Schrift hinzugefügt worden. Inzwischen fehlt dieser internationale Ansatz weitgehend. Zum Glück sind die Ansagen und Schriftbänder in den S-Bahn-Waggons weiterhin auch auf Englisch vorhanden, aber sobald man diesen "geschützten Raum" verlässt, ist man ohne chinesische Sprachkenntnisse ziemlich aufgeschmissen - Abenteuer pur!

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Ganz lustige wird es, wenn man versucht, seine eigentlich echt praktische Metro-Dauerkarte aufzuladen. Die dafür vorgesehenen Automaten sehen so aus und können auch nur chinesisch…

Aber wir hatten wie immer Glück und junge, freundliche Chinesen erkannten unsere Hilflosigkeit und geleiteten uns durch den Aufladeprozess.



Und Busfahren war ja schon immer ein besonderer Spaß, stets für eine Überraschung gut. Die wirklich groß und deutlich beschriebenen Busfahrpläne an den Haltestellen verraten mir nicht wirklich wann ich wohin fahren kann.

 

Unsere Hauptstadt Berlin bekleckert sich in Sachen Sprache auch nicht gerade mit großem internationalem Ruhm: Als wir mit Zug und Bus von Cottbus aus zum Flughafen Tegel unterwegs waren, fiel uns auch auf, dass wirklich NIRGENDS mal eine englische Ansage oder entsprechende Schrift vorhanden war, nicht im Zug, nicht am Hautbahnhof, nicht im Flughafen-Zubringer-Bus. In den Metropolen dieser Welt erwarte ich eigentlich, dass zumindest in den großen Innenstädten und Verkehrsknotenpunkten stets auch Englisch und lateinische Schrift angeboten wird. Aber davon ist Berlin noch meilenweit entfernt, das können Peking und Shanghai wesentlich besser.

Trotz all dieser kleinen Widrigkeiten sind wir aber bislang nicht im Gewirr des Nanjinger Verkehrs verloren gegangen.

 

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Total cool finde ich die zu tausenden vorhandenen Mietfahrräder. Da gibt es verschiedene Firmen und Systeme, die solches anbieten. Grüne, orangene, blaue, hellblaue Fahrräder bevölkern die Straßen. Die orangenen sind immer an Stationen festgemacht, müssen also auch an einer solchen wieder abgestellt werden.



Das scheint mir das älteste System in Nanjing zu sein, gab es auch 2012 schon, die chinesische Bedienungsanleitung hielt mich allerdings von der Nutzung damals ab. Mit den grünen Fahrrädern kenne ich mich (noch) nicht aus, aber die blauen und hellblauen

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wurden uns gleich bei unserer Ankunft als "must have" übergeholfen. Zur Nutzung braucht man eine App auf dem Handy. Und damit begann am Anreisetag schon wieder ein Problem(chen): Google mit all seinen Funktionen, incl. Play-Store zum Herunterladen von Apps funktioniert nur, solange man sich in einem VPN-Tunnel befindet. So ein Tunnel gaukelt dem Internet vor, dass ich nicht in Nanjing, sondern z.B. zuhause in meiner Firma oder Uni sitze. Die Nutzung solcher Tricks ist neuerdings in China bei Strafe verboten. Auch wurde man gewarnt, dass die chinesischen Beamten bei der Einreise am Flughafen das Recht hätten, Handys und Computer auf "schädliche Apps und Programme" zu durchsuchen. Deshalb hatten wir die Zugangsdaten für solche Tunnels nicht auf unseren Geräten, sondern weit weg in einer Cloud gespeichert, um sie bei Gelegenheit dann in Nanjing zu installieren.

Ok, zurück zu "Hellobike": Wie lade ich eine App herunter, wenn der Playstore nicht verfügbar ist? Ich brauche den chinesischen Ersatz dafür und der heißt "WeChat". Eigentlich kannte ich WeChat als Pendant zu WhatsApp, also zum Chatten. Aber die chinesische App kann viel mehr, eigentlich kann WeChat ALLES! Es vereint WhatsApp, Facebook, PlayStore, PayPal, Kreditkarte und wer weiß was noch alles. Ohne WeChat bist du in China quasi kein Mensch. Also war es unseren hiesigen Gastgebern ein ganz großes Bedürfnis, erstmal WeChat auf unseren Handys zu installieren. Dafür fanden Sie auch ohne PlayStore eine Möglichkeit - wie gesagt, WeChat kann einfach alles. Und über dieses Wunderprogramm konnte dann auch die HelloBike-App installiert werden. Mit diesem erfreulichen Wunderding gehe ich jetzt also auf die Straße und kann direkt sehen, wo die nächsten Fahrräder herumstehen:

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Die blauen Kreise kennzeichnen städtische Fahrräder (blau-weiß), mit denen kann ich überall in Nanjing rumfahren, 2 Stunden komplett kostenlos, danach kostet es ein paar Cent oder ich wechsle einfach auf das nächste Bike für weitere 2 Stunden. Die Doktorhüte kennzeichnen Uni-Bikes (hellblau), die sind immer kostenlos, sollen allerdings den Uni-Campus nicht verlassen. Man kann zwar auch außerhalb damit rumfahren, aber wenn man sie dort abstellt und abschließt, kann niemand sie wieder auslösen. Dafür fahren dann Kleinsttransporter rund um die Uni herum, laden diese fehlgeleiteten Uni-Bikes wieder auf und bringen sie zurück auf den Campus.



Sobald ich also ein für meine geplante Fahrtstrecke geeignetes Rad erreiche, scanne ich mit der App den QR-Code und dann SOLLTE eigentlich sofort das Schloss aufspringen.



Leider, leider klappt das nicht immer ganz so zuverlässig und in solchen Fällen bin ich mit dieser pur chinesischen App dann ziemlich aufgeschmissen. Die Hilfeseite sieht dann so aus:

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DANKE! Jetzt weiß ich, was zu tun ist… Inzwischen habe ich herausgefunden, dass Hellobike meinen VPN-Tunnel nicht mag und dass oft einfach kein Netz da ist.



Wie jetzt? In China kein Handynetz????? Eigentlich gibt's in China flächendeckend 4G, sogar in den entlegensten Ecken dieses Riesenreiches. Aber momentan sind doch diese Unruhen in HongKong, das macht der chinesischen Regierung mächtig zu schaffen, muss natürlich alles runtergebügelt und so hingedreht werden, dass nicht etwa der Durchschnittsbürger von HongKong da protestiert. In chinesischer Lesart sind das alles "Infiltranten" aus dem bösen Ausland, vor allem aus USA, die da auf die Straße gehen und Radau machen, während alle HongKonger tieftraurig darüber sind und nur darauf hoffen, dass die gute chinesische Regierung der HongKong-Regierung zur Seite steht und alle von diesen bösen Aufrührern befreit. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, WIE bemüht das chinesische Fernsehen ist, diese verdrehte Wahrheit irgendwie mit Bildern und Interviews zu belegen. Was man nun derzeit gar nicht gebrauchen kann, sind weltoffene, chinesische Mitbürger, die sich per Internet über die globale Sichtweise zum HongKong-Problem informieren und deshalb wird mal einfach das Internet ausgebremst. Es ist dermaßen auffällig: In den ganz frühen Morgenstunden und auch noch am Vormittag (wenn Normalbürger und Studenten schlafen, arbeiten oder studieren) geht's einigermaßen mit der Downloadgeschwindigkeit, aber am Nachmittag, Feierabend, Abendstunden geht so gut wie nichts mehr. Da braucht eine e-mail mit einem riesengroßen Anhang von 1 MB fast eine Stunde zum Herunterladen oder Wegschicken. Online-Banking geht dann überhaupt nicht und irgendwas im internet zu suchen ist quasi ausgeschlossen. Dummerweise ist von dieser Bremse nicht nur unser W-Lan, sondern auch das mobile Internet betroffen und damit auch die Hellobike-App. Ohne Connection leider keine Fahrradmiete. Da die Campusräder ja generell kostenlos sind, sieht man diese ganz oft unverschlossen vor den Läden oder der Mensa auf dem Campus stehen, denn dann kann man ja auch ohne App nach dem Einkauf wieder aufsteigen und weiterfahren. NOCH bin ich zu höflich, um mir einfach ein unverschlossenes Bike zu schnappen, aber wenn das so weitergeht…

 

 

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